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6_05/2002

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Komsiwider, Komsiwidra, Komsiwidre

Es hat sich schon bis nach Kornowatz zum Kleinbauern Krassek herumgesprochen, daß es in Rybnik am Ring ein sehr billiges Kolonialwarengeschäft gibt, in welchem man nicht nur Lebensmittel, sondern auch verschiedene andere Waren fürs Haus und Hof bekam. Auch war es bekannt, dass man dort eine Tüte Bonbons nach dem Einkauf gratis erhielt, deren Größe nach der Einkaufssumme bemessen war.

Kleinbauer Krassek aus Kornowatz war ein langsam denkender Mensch, seine knochige und breitschultrige Gestalt, der große kantige Schädel, die schwerfällige Aussprache gaben ihm etwas bärenhaftes. Mit der deutschen Sprache war es bei ihm auch nicht weit her und das Oberschlesische war ihm geläufiger. Nicht nur dem billigen Einkauf, sondern auch der großen Bonbontüte, konnte Krassek nicht widerstehen. Als in seinem bäuerlichen Haushalt Zucker, Salz, Petroleum und noch andere wichtige Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände zur Neige gingen und seine Gänse und Enten schon recht fett waren und seine Frau schon einige Mandeln Eier zur Seite gelegt hatte, frische Butter, Käse, Gemüse, alles was Garten, Hof und Feld gaben, beisammen war, beschloß Krassek dieses billige Kolonialwarengeschäft in Rybnik aufzusuchen.

Am Vorabend zur Abfahrt zum Rybniker Wochenmarkt wurde der leichte Einspannerwagen besonders sauber gewaschen, der Schimmel Max tüchtig mit Striegel und Kardätsche auf Hochglanz gebracht und das Gemüse, Obst usw. auf den Wagen verladen, Frau Krassek legte für ihren Mann schon abends den Sonntagsanzug und die Sonntagsschuhe im guten Zimmer bereit. Alles mußte am Abend vorbereitet werden, denn der Weg von Kornowatz nach Rybnik entlang der Ratiborer-Rybniker-Chaussee war weit und man brauchte hierfür schon einige Stunden. Mit dem ersten Hähnekrähen machten sich Krassek und seine Frau bereits am Wagen zu schaffen und verließen ihren Hof in Richtung Rybnik Es war ein frischer Herbstmorgen und Max zog im Trab den leichten Wagen und bald war Czernitz erreicht und in Radoschau legte man im Gasthaus vom Mainczyk die erste Rast ein. Der brave Max, welcher etwas ins Schwitzen gekommen war, wurde abgedeckt und getränkt und Kleinbauer Krassek genehmigte sich einen Scharfen. Alsdann ging die Fahrt weiter über Niedobschütz und durch die Gatsch und bald war Rybnik in Sicht, wo man am frühen Vormittag auf dem Markt anlangte.

Zeichnung: Eva Gensel

Krassek und seine tüchtige Frau hatten bald ihre mitgebrachten landwirtschaftlichen Erzeugnisse an den Mann gebracht, denn seine Waren waren frisch, gut und billig. Mit seinem Einspänner fuhr er nun unmittelbar vor das Kolonialwarengeschäft. Es war um die Mittagszeit, als Krassek voller Erwartung das langersehnte Kolonialwarengeschäft betrat, seine Frau blieb draußen beim Wagen. Schon an der Tür wurde Krassek vom Geschäftsinhaber, dem Juden Böhm, freundlich und untertänig begrüßt. Im Gegenteil zu Krassek war der Jude Böhm ein kleiner und schmächtiger Mann, hatte einen ausgeprägten Semitenkopf mit Adlernase. Seine Bewegungen waren schnell und wendig und er war sehr geschäftstüchtig. Böhm war schon etwas älter, unter seinem schwarzen Käppi schauten die ersten grauen Locken hervor. Böhm bediente Krassek mit ausgesuchter Höflichkeit, weil er bei diesem schwerfälligen Bauern ein gutes Geschäft witterte. Krassek wiederum fühlte sich geschmeichelt, als großer und vornehmer Herr bedient zu werden und geizte nicht beim Einkauf. Als Böhm noch vor seinem Laden das Pferdegespann und die Bauersfrau sah, beschenkte er Krassek, nachdem dieser seine Waren bezahlt hatte, mit zwei großen Bonbontüten, Eifrig half er auch beim Aufladen der gekauften Ware. Als sie mit allem fertig waren, sagte der Jude Böhm dem Bauern Krassek zum Abschied "Kommen Sie wieder". Da diese Worte schnell und in einem schlottrigen deutsch jüdisch ausgesprochen waren, so hatte Krassek sie nicht verstanden, auch wollte er sich keine Blöße geben, um nochmals zu fragen, was diese Worte bedeuten, er merkte sich aber genau dieselben. Gegen Abend kam Krassek wieder glücklich mit seiner Frau in Kornowatz an und konnte nicht genug seinen Nachbarn von Rybnik und dem Kolonialwarengeschäft vom Böhm erzählen. Das einzige was unseren Kleinbauern ärgerte, waren die Worte "Kommen Sie wieder", welche er nicht kapierte. Er ging deswegen zum Dorfbüttel Pluta, der klüger war als Krassek und die deutsche Sprache gut beherrschte. Pluta hatte mit Krassek aus früheren Zeiten noch einen kleinen Streit und nun bot sich für ihn die beste Gelegenheit, seinem Kontrahenten eins auszuwischen. Als Pluta die Worte "Kommen Sie wieder" hörte, machte er ein betrübtes und finsteres Gesicht, sah Krassek ganz traurig an und sagte zu ihm, er brächte es nicht über die Zunge, so ein böses Schimpfwort auszusprechen, denn es sei sogar ein Fluch und als Christenmensch wäre es eine Sünde so etwas zu sagen. Krassek konnte es nicht verstehen, daß der freundliche Jude Böhm aus Rybnik ihm so eine Schande angetan hatte, wo er doch so viel Geld bei ihm zurückließ. Pluta erwiderte aber, die Juden hätten einen anderen Gott und bei ihnen sei es keine Sünde, so etwas zu sagen. Nun wurde der fromme Bauer Krassek auf den Juden Böhm recht böse. Gleich am nächsten Morgen lud er alle Waren von Böhm wieder auf seinen Wagen und Schimmel Max mußte den Weg nach Rybnik noch einmal zurücklegen. Vor dem Geschäft von Böhm angelangt, riß Krassek die Ladentür auf und warf alle Waren dem verdutzten Juden vor die Füße und die zwei Tüten Bonbons schleuderte er ihm an den Kopf und schrie dabei aus Leibeskräften: "Du bist ein Komsiwider, Deine Frau ist eine Komsiwidra und Deine Kinder sind alle Komsiwidre." Danach schlug er die Ladentür hinter sich zu und fuhr erleichtert nach Hause, nach dem er auf diese Art und Weise an dem Juden Böhm Rache genommen hatte.

Leopold Walla

Aus dem Buch "So lebten wir in Oberschlesien"




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