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5_04/2002

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Hoffnungsrolle Weihnachten 2001 und die Nachweihnachtszeit

Eine Woche vor Weihnachten, anno 2001 fuhr ich mit meinem schon altersschwachen Wagen aus Monheim am Rhein kommend in meine alte Heimat nach Oberschlesien, um dort die Weihnachtsfeiertage mit meiner Mutter und anderen Verwandten zu verbringen. Es war ein schöner Wintertag mit hell glänzender Sonne, die es erlaubte schlesische Fluren, Wälder und Felder in ihrer ganzen Pracht zu bewundern. Ein dünner Schnee rieselte leise zur Erde nieder, und wenn nicht die polnischen Namensschilder der Ortschaften und andere Reklameaufschriften an den Straßen wären, gewinnt man den Eindruck man fahre durch deutsche Landen. Am Ring jeder Ortschaft, das kleinste Dorf miteingenommen, steht ein riesiger Weihnachtsbaum und fast jedes Haus ist festlich gesch-mückt. In der Vorweihnachtszeit jedes Jahres lege ich diese Strecke mit besonders Vorliebe zurück, denn Weihnachten im Kreise meiner lieben Angehörigen erwecken Kindheitserinnerungen und frohe Tage, die für immer in meinem Gedächtnis verbleiben, und nimmer wiederkehren. Eine melancho-lische Stimmung macht sich während so einer Fahrt bemerkbar. Doch darf man dabei die Wirklich-keit, die auf polnischen Straßen herrscht, nicht vergessen.

In einer Ortschaft, zwischen Oppeln und Kattowitz gelegen, hielt ich meinen Wagen an, um auf dem dortigen Marktplatz einen kleinen Weihnachtsbaum zu kaufen. Mit Erstaunen nahm ich wahr, dass die Preise dieser Bäume um 10 bis 15 DM höher sind als in Deutschland. Es waren Christbäume, die aus Holland oder Dänemark importiert wurden, und das in einem Lande, in welchem 25% der Bevölke-rung von der Landwirtschaft lebt. Doch Tausende Hektar fruchtbares Land liegt brach nieder und verwildert. Viele Waren jeder Art und vor allen Dingen Lebensmittel werden aus dem Ausland nach Polen eingeführt, und das zu Preisen, die für den kleinen Mann unerschwinglich sind. Der Beweis dafür ist im polnischen Fernsehen zu sehen. Aufdringliche Reklame jeder Art von Waren, vom Kaugummi zur Mikrowelle, wobei amerikanische Erzeugnisse den Vortritt, haben werden zu Preisen angeboten, die oft den 4. Teil des Einkommens eines durchschnittlichen Polen betragen. Polnische Zeitungen und andere Zeitschriften lese ich mit gemischten Gefühlen. Bilder, auf denen die Verab-reichung der heiligen Kommunion zu sehen, ist erwecken neue Hoffnungen in christlicher Art und Weise auf bessere Zeiten, doch in einem Artikel der nächsten Seite steht schwarz auf weiß, dass bis zum 18 Dezember 2001 über hundert Menschen in Polen auf den Straßen und in kümmerlichen Behausungen tot durch Erfrieren aufgefunden worden sind. Es gibt ganze Reihe von Herbergen, vor allem in den größeren Städten des Landes, doch jene können das Bild der unmenschlichen Tatsachen nicht verbergen, und meine kindheitsfrohe Weihnachtsstimmung verfliegt während solcher Lektüre.

Doch wenn man durch die Städte Schlesiens fährt gewinnt man den Eindruck, man fahre durch ein wohlhabendes Land. Riesige beleuchtete Kaufhäuser mit jeder Art von Waren - hauptsächlich im-portierte - werfen ihren Schein auf die Straßen und überall erklingt Weihnachtsmusik, die Kindheits-erinnerungen wecken. Im polnischen Fernsehen werden Weihnachtslieder von polnischen Big-beat Musikern auf neuzeitliche, das heißt auf amerikanische Art und Weise vorgetragen und finden bei den Zuschauern völlige Zustimmung. Nur die Sängerknaben „Nachtigallen“ aus Posen und die landweit bekannte Sängerin Natalia Kukulska sind alten Traditionen weiterhin treu und trachten danach jene christlichen Werte in ein neues Europa zu bringen.

Die am 23. 9. 2001 entstandene neue polnische Regierung in welcher sich kein Schlesier befindet, steht heute vor sehr schweren Aufgaben. Die vorhergehende AWS - Regierung hat das Land heruntergewirtschaftet und ihren Nachfolgern eine Staatsschuld von 90 Milliarden Zloty hinterlassen das sind 24 Milliarden Dollar. Außerdem befinden sich mit dem heutigen Tag ungefähr 3 Millionen Arbeitslose im Lande die alles andere, nur nicht zu einer fröhlichen Weihnachtsstimmung beitragen. Die Schuld dafür wird natürlich wie immer den Vorgängern in die Schuhe geschoben. Die Folge jener miserablen Wirtschaftslage in Polen ist das Wachsen des organisierten Verbrechertums auf amerikanische Art und Weise, wie einst zur Zeiten des Al Capone. So wie die Filme des Georg Kutz mit schlesischer Thematik großen Beifall finden so üben die Lemberger und andere Ostpolen mit ihrer singenden Sprechweise besonders mit dem Buchstaben „£“ einen Einfluss auf schlesische Kultur aus. Von den 2 berühmten polnischen Regisseuren Hoffmann und Wajda sind in letzter Zeit zwei Filme gedreht worden, die die Herrlichkeit Polens in vergangenen Jahrhunderten darstellen. Es geht hier um die Filme „Mit Feuer und Schwert“ des Henryk Sienkiewicz und „Herr Taddäus“ von Adam Mickiewicz In diesen Filmen gibt es viele blutige Darstellungen umwoben von romantischen Liebesgeschichten. Das mag manch einen Polen zufrieden stellen aber mit längst vergangener Herrlichkeit kann man nicht in ein neues, vereintes Europa ziehen. Außerdem muss hervorgehoben werden, dass jene polnische Herrscherthematik für den einheimischen Schlesier völlig fremd ist. In einer Zeit, in welcher die Polen für, „Eure und unsere Freiheit“ kämpften, wurde in Schlesien nicht der Säbel geschwungen sondern schwer gearbeitet. In dieser Zeit entstand die oberschlesische Industrie, wurden neuzeitliche Wirtschaftsmethoden eingeführt und neue menschenwürdige Kultur und Bildungswesen geschaffen. Großen Anteil daran haben 6 O/Schlesische Nobelpreisträger, die heute leider in Vergessenheit geraten sind. Die heutigen Polen tun nichts um sie in Erinnerung zu bringen, denn sie waren nicht polnischer Herkunft. Dafür aber wird der polnische Freiheitskämpfer und Bauernführer Taddäus Ko¶ciuszko, sowie der Marschall Joseph Pi³sudski hoch verehrt. Beide nahmen während ihrer Lebenszeit keinen Anteil an dem Schicksal Schlesiens und wollten von dieser Provinz nichts wissen. Es wird heute in Polen viel Tinte vergossen um zu beweisen, welch polnischen Charakter Schlesien hat, und dass ab Jahr 990 zur Zeit der Fürsten Mieszko I Schlesien zu Polen gehörte. Das wird den polnischen Kindern schon in den Schulen beigebracht mit besonderer Hervorhebung des polnischen Kämpferturms und Nationalismus.

Außerdem legen die Polen großen Wert darauf, Niederschlesien von Oberschlesien zu unterscheiden. Der beste Beweis dafür liegt schon in der Namensbezeichnung der neuen Woiwodschaften. Es gibt heute eine Woiwodschaft Schlesien, die im Grunde genommen nur Oberschlesien umfasst, eine Wojewodschaft Niederschlesien und eine selbständige Woiwodschaft Oppeln, wobei man den Eindruck gewinnt, dass Oppeln nicht zu Schlesien gehöre. Diese Teilung Schlesiens ist einmalig in der Geschichte des Landes und kann in Zukunft schlimme Folgen herbeiführen. Nun muss mit Bedauern festgestellt werden, dass an der Spitze der neuen Woiwodschaften keine Schlesier stehen, sondern von den Machthabern in Warschau bestimmte Polen, die von schlesischer Tradition, Überlieferungen der Melancholie und dem Selbstbewusstsein des einheimischen Schlesiers keine Ahnung haben. Das führt nicht zu einem inneren Frieden des Landes und seiner Bevölkerung. Die deutsche Volksminderheit in Schlesien ist zwar öffentlich anerkannt, doch auf mögliche und unmögliche Art und Weise werden ihr von den polnischen Behörden Steine auf den Weg geworfen. Die Zeiten haben sich zwar geändert, ein neuer Kapitalismus entstand, Globalisierung des Landes, aber die Erziehungsmethoden schon von der Vorschule an, sind von Seiten der Polen die gleichen geblieben. Die Folge davon ist, dass einheimische Schlesier so eine Art von passivem Widerstand entwickeln, in sich verbergen und auf eine bessere Zukunft warten, die wie es die Geschichte des Landes beweist, früher oder später auch immer gekommen ist. Der Advent des Jahres 2001 war eine Hoffnung, die Weihnachten der folgenden Jahre werden erneut erscheinen und mit ihnen neue Hoffnung. Wie wird Polen in die Völkergemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen?. Mit der Erscheinung eines neuen Christen eines Landes, in dem Menschen in langen Schlangen vor dem Beichtstuhl stehen oder der äußerst national gesinnte Pole, der außer seinem Lande kein anderes sieht, und vom Internationalismus nichts wissen will. (Nur in Nordrhein - Westfalen leben heute 80 Völker-schaften miteinander, was in Polen unvorstellbar wäre). Mit welchen Eigenschaften kann heute Polen Europa imponieren?

Das ehemalig reiche und fruchtbare Schlesien lebt heute anders. Schlesien mit seiner untergehenden Industrie und Namen von Menschen, die das Land einst so berühmt gemacht haben, hat heute seine Bedeutung verloren. Nur mit seiner ruhmreichen Geschichte, die beweist wie ein Land unter den schwersten Umständen immer sein eigenes Gesicht bewahrt hat, kann es für Europa als Beispiel dienen. Nur mit einer Tradition von Jahrhunderten, mit voller Vielfältigkeit der Geschichte und Kultur

Erfahrungen in langjähriger Arbeit in Schweiß und Blut erworben, kann heute Schlesien in die Reihen anderer europäischen Regionen treten und seine Volkstümlichkeit weiterhin bewahren.

Noch ist nichts verloren - alles kann noch aufgeholt werden - doch wo befindet sich die treibende Kraft dazu?. Auch dieser Winter vergeht, wobei Verwüstungen, die dieser angerichtet hat in Verge-ssenheit geraten. Der Kampf um unser Dasein dauert weiterhin an, wobei uns der Pfarrer Emil Schramek als Vorbild leuchtet. Die Hoffnung ist groß und jene werden wir niemals aufgeben.

Monheim, den 20.2.2002

Peter Karl Sczepanek


 

 


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