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3_01/2002

ECHO ¦LONSKA

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Interessante Briefe

Ich bekomme etliche Briefe, die sich mit dem was ich schreibe (Bücher, Artikel) beschäftigen. Wie es so beim Leser ist, einige unterstützen meine Meinung, aber es sind auch Leser die eine ganz gegenteilige Meinung haben. Es ist gut, dass auch solche Briefe kommen, den wir müssen die Gelegenheit zum Diskutieren haben.

Ich erlaube mir heute einen solchen Brief, der die ganze Vielfalt des schlesischen Menschen zeigt, zu besprechen. Der Leser schreibt:

Mein Vater (Jahrgang 1898) war, wie seine übrigen drei Brüder und deren Vater Franz (Jhrg.1869) begeisterter Teilnehmer des III. Aufstandes. Als die Insurrektion ausbrach, entließ Großvater Franz die oft über dreißig Mann zählenden Fachkräfte seines Ujester und Gleiwitzer Bauunternehmens, indem er ihnen verkündete: Teraz chlopy nie jest czas na robota; teraz idymy niemcow wyganiac! Und weil sich mein Vater während jenes „Verjagens“ des Todes mehrerer Grenzschutzmänner in Ujest schuldig gemacht hatte, war für ihn nach dem Aufstand kein Platz mehr in Deutschland. Deswegen kaufte ihm Großvater Franz eine große bebaute Liegenschaft in K... Seine junge Frau aus Z. wollte nicht mit, wonach er sich scheiden musste und meine spätere Mutter aus D. heiratete. Großvater Franz hatte vorsichtshalber die Hälfte der großen Liegenschaft für sich behalten und dann nach Jahren an meine Mutter vermacht...

Und hier haben wir eine Antwort auf oft in Polen in verschiedenen Büchern geschriebene Behauptungen, dass Polen wegen dem Aufstand vor den Deutschen flüchten mussten. Ich könnte mir vorstellen, dass der Vater Franz, wenn er in Deutsch-Oberschlesien geblieben wäre, sich vor einem Gericht wegen Totschlag rechtfertigen müsste. Auch kann ich mir vorstellen, dass er wusste, was für ein Urteil man damals ausgesprochen hätte, deshalb ist er über die Grenze nach Polen gegangen. Leute, die sich als Polen ausgegeben haben und nichts gegen ihre Mitbürger schlechtes unternommen haben, mussten nicht flüchten.

Mein zweiter Großvater Bernhard aus H. behauptete lebenslang, er sei ein Deutscher, obwohl er bis an seinen Tod kein Sterbenswörtchen Deutsch verstanden hatte!

Vor kurzem habe ich in einer Diskussion gehört, dass es einige deutsche Bürger gab „die schlesische Sprache gesprochen haben, aber im Herzen Preußen waren“.

Bei ihm und Großmutter verbrachte ich fast die ganze Zeit der Ehekonflikte meiner Eltern bis Kriegsanfang. Wohlgemerkt das Dorf befindet sich jenseits der vorkrieglichen Staatsgrenze auf damals deutscher Seite. Und trotzdem hatte ich meine Deutschkenntnisse völlig verlernt. (was Sie in Ihrem Buch näher beschrieben haben). Auf meiner Hochschule gelang es mir diese Kenntnisse neben dem gelernten Englisch wieder zu erwerben. Jeszcze za czasow „komuny“ erlag ich einem schweren Unfall und vermochte diese Zeit zum Vervolkommen meines Deutsch auszunützen - so weit auszunützen, dass ich es zum zweiten Magisterdiplom in Germanistik gebracht hatte. Danach wurde ich als Dolmetscher bei der... PZPR beschäftigt und verweilte lange Zeit in der DDR, und benutzte diese Zeit zu illegaler Betätigung... Natürlich wurde ich von der Stasi, dem genialen Schüler der Gestapo festgenommen und blieb in einige Knasten der DDR verhaftet. Vor drei Jahren bei einer Feierlichkeit, versicherte mir Bundespräsident Herzog, er werde sich für meine deutsche Ehrebürgerschaft einsetzen.

Dies kann mir aber gestohlen bleiben, denn ich habe die BRD ebenso gern, wie die Republik Polen. Ich kämpfe nämlich, wenn man es heutzutage „Kampf“ nennen kann, für das Wiedererlangen der Autonomie Schlesiens. Aussichtslos? Na ja, vielleicht. Aber manchmal bringt es auch viel Genugtuung an verspielter Seite kämpfen zu dürfen!

Sagen Sie mal offen: Hat es auf die Dauer Sinn sich für die deutsche Minderheit zu bemühen? (ich nehme an, Sie beschäftigen sich auch damit?). Von Zeit zu Zeit besuche ich die hiesigen Verbände, d.h. die im Randgebiet des ehemaligen Deutsch-Oberschlesien. Bei den monatlichen Versammlungen sieht man fast nur ältere Weiblein, die nicht einmal gut deutsch sprechen -nach der in kläglichen Deutsch gehaltenen Einleitung geschieht dann allmälig der Übergang wenn Sie es so wollen, ins Wasserpolnisch. Viel anders ist es auch nicht in den Großstädten Zabrze, Gleiwitz und so weiter. Diese „Deutschen“ erwarteten nur dauernde finanzielle Hilfe und nun singen sie mit schläfriger Begeisterung den „Tannenbaum“ oder viel seltener „O Täler weit, o Höhen...“ und überlegen auf dem Heimweg, ob es sich noch lohnte wieder zu kommen!

Wir dürfen nicht vergessen, dass man ab 1945 bis 1988 z.B. im Oppelner Schlesien nicht Deutsch sprechen durfte, denn das wurde mit Geldstraffen geahndet, weiterhin haben wir in Oppeln auf der Pädagogischen Hochschule Germanistik gehabt, aber Schlesier durften dort nicht studieren, sie hatten ja keine Grundkenntnisse der Sprache und auch kein Fach deutsch auf dem Abiturzeugnis vorzuzeigen. Hier waren die Schlesier zum wiederholten Male als Leute der II Kategorie beachtet.

Die „Heimkehr in die alten Lande der Piasten“ war ein genialer Schachzug der Polen! Auch seit 1921 die Einkehr der Gorole und nach 45 die, der „Hasaje“ ins Oppelner Land waren wahrlich genial bedacht. Wir Oberschlesier wurden in dieser „Suppe“ derart verdünnt, dass es die gemischten Ehen, und die verzweifelte Einsicht gab, dass dieses Gesindel vielleicht doch unsere „Kulturträger“ sind. Ich will Ihnen schon nicht von der übermütigen Dreistigkeit dieses Menschentyps et caeterra erzählen weil Sie dies alles auch „im eigenen Dorf“ sehen. Nun sind sie, wo sie es nur sein können „ludzmi biznesu“ und bereit, auch die eigenen Landsleute an Fremde zu verschachern!

Ewald Stefan Pollok




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