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3_01/2002 |
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Unbekanntes Oberschlesien Oberschlesien ist und bleibt - auch mehr als zehn Jahre nach der Wende - aus der Sicht der Bundesdeutschen ein fernes Land am Ende Europas. Man hat diese einst deutsche Region, in der heute eine deutsche Minderheit versucht sich zu behaupten, aus dem Auge verloren. Wenn man aber polnische Veröffentlichungen liest, scheint es, man kehre beim Thema - deutsche Minderheit in Polen - zur ideologisierten Vereinfachungen aus den Zeiten des totalitären Regimes zurück, als es Deutsche in Polen nicht geben durfte. Den Polen wurde fünfzig Jahre vom totalitären Regime vorgelogen, sie lebten auf urpolnischem Boden, kein Wunder, dass den meisten das Auftauchen einer deutschen Minderheit in ihrem Lande als Zumutung schien. Aber Demokratie verpflichtete. Nach der Wende war Deutsch zu sprechen nicht mehr strafbar. In den Schulen wurde Deutsch zugelassen. Deutsche Bücher und Zeitungen waren im freien Verkauf zu haben. Man durfte nach Deutschland reisen und sich per Satellitenschüsseln Deutschland allabendlich ins Wohnzimmerholen. Doch die Vorbehalte der zugewanderten Polen gegenüber den Deutschen in Oberschlesien waren resistent. Die deutsche Minderheit, fortab offiziell anerkannt, hat es bis heute nicht leicht sich zu behaupten. Betrüblich erwies sich insbesondere, dass die alte Zwietracht aus der Zeit des Bruderkrieges von 1921 sich wieder bemerkbar machte. Einige polnisch gesinnte Oberschlesier erwiesen sich als härteste Gegner der Deutschen im Lande. Aber gerade sie - gut deutsch sprechend und mit einer akademischen Karriere ausgewiesen - gewinnen oft weitgehendes Wohlwollen von deutscher Seite. Legendär aggressiv seiner eigenen Volksgruppe gegenüber erwies sich nach der Wende vor allem Franciszek Marek, Professor an der Universität Oppeln, der in einigen Broschüren Verleumdungen gegen die deutschen Oberschlesier verbreitete und z.B. behauptete, ein Oberschlesier, der sich zum Deutschtum bekenne, verliere sein Menschtum. ( Tragedia gornoslaska, Opole 1989 u.a). Oberschlesier verlangten in einer Unterschriftenaktion mit einem offenen Brief an den Rektor der Universität Konsequenzen. Vergeblich. Franciszek Marek fand für die Herausgabe seiner Schmähschriften Sponsoren in der Evangelischen Akademie in Mühlheim an der Ruhr. Marek verkündete noch 2001 zum 80. Jahrestag des Bruderkriegs und des Plebiszits offiziell in einer Oppelner Zeitung, man dürfe die Tränen einer polnischen Mutter nicht mit den Tränen einer deutschen Mutter vergleichen. Der Oberschlesier Ewald Stefan Pollok, der in der Bundesrepublik lebt, aber polnisch schreibt, reagierte auf die Unterstellungen des inzwischen berüchtigten Professors und zeichnete ein authentisches Bild der Martyrologie der Oberschlesier nach 1945. Das Buch fand begeisterte Leser, die endlich ihr Schicksal wahrheitsgemäß dargestellt sahen. Doch gegen die zaghaften Versuche deutscher Oberschlesier, sich zu äußern und Unrecht einzumahnen, trat vor allem das Schlesische Institut in Oppeln an. Dieses Institut war in der Zeit des totalitären Regimes mit der deutlich formulierten Zielsetzung, den polnischen Charakter Schlesiens nachzuweisen, entstanden. Dieser Aufgabe ging hier zahlreiches wissen- schaftliches Personal nach und dieser Aufgabe blieb man auch nach der Wende treu.. Auch bestens gemeinte deutsch-polnische Initiativen wie die Ausstellung zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin Brandenburg mit dem schönen Titel: „Wach auf, mein Herz, und denke“, vom Land Brandenburg finanziert, zu der ein umfangreicher zweisprachiger Katalog erstellt wurde (Berlin, Opole 1995), wurde von den Wissenschaftlern des Schlesischen Instituts mit Beiträgen im gewohnten Sinne bestückt. Verantwortlich zeichnete übrigens Jan Goczol, Mitglied des ehemaligen Woiwodschaftskommitees der sozialistischen Partei und Chefredakteur der regimetreuen Monatsblattes „Opole“, in dem der Oberschlesier mit bemerkenswerter Beharrlichkeit die Rückkehr Schlesiens zum Mutterland Polen pries. So finden sich in diesem umfangreichen Kompendium neben hervorragenden Beiträgen wie die Skizze von Norbert Conrads über die Geschichte Schlesiens und Aufsätzen über die Vertreibung der Deutschen, die zu den frühesten Veröffentlichungen zu diesem Thema in Polen gehören, Beiträge von Dorota Simonides, Michal Lis, Wieslaw Lesiuk und Danuta Berlinska , die dem deklarierten Auftrag des Schlesischen Instituts, ein polnisches Oberschlesien darzustellen, entsprechen. Professor Dorota Simonides, schreibt, wie von ihr gewohnt, von einer urpolnischen Bevölkerung des Oppelner Landes, als wenn sie als Ethnologin nicht bestens wüsste, dass die ethnische Grundierung der Bevölkerung slawisch, durchaus aber nicht polnisch ist. Professor Lis erwähnt die Bekämpfung der polnischen Sprache unter preußischer Herrschaft, obwohl er als Wissenschaftler wissen müsste, dass zeitweise genau das Gegenteil der Fall war, und die preußischen Schulbehörden die polnische Sprache für die slawisch sprechende Bevölkerung einsetzten, um ihr allgemeine Bildung beizubringen. Und außerdem bekannt sein sollte, dass es in Schlesien bis zum ausgehenden 19.Jahrh. nur eine natürliche Vermischung und freiwillige Assimilierung gegeben hat. Die Vertreibung Deutscher bezeichnete der Professor als Bevölkerungsverschiebung und verharmloste diese Vorgänge dementsprechend. Und Professor Lesiuk stellte die Aufstände während der Plebiszitzeit als spontane Volkserhebung der Oberschlesier für Polen dar, die nur geringfügig von Polen unterstützt wurde. Was ebensowenig den historischen Realitäten entspricht. Über die deutsche Minderheit schreibt die Beauftragte des Woiwoden, Danuta Berlinska, wie üblich geringschätzig und mit Halbwahrheiten jonglierend. Und natürlich wird von ihr die einheimische Bevölkerung als polnische bezeichnet, Deutsche gäbe es hier erst seit der Zeit Friedrichs des Großen. In der Tradition des Mythos eines historisch polnischen Oberschlesiens steht konsequent die in Kattowitz erscheinende Zeitschrift „Slask“ (Schlesien), ein Nachfolgeblatt der von Szewczyk redigierten Kulturzeitschrift für Oberschlesien. Trotz des Titels, das eine Einbezogenheit aller Schlesier suggeriert, fühlt sich die Redaktion unter der Leitung des Oberschlesiers Tadeusz Kijonka nur den polnisch gesinnten Oberschlesiern und den zugewanderten Polen verpflichtet. Manche der polnisch gesinnten Oberschlesier verstärkten auch in der Bundesrepublik die Verwirrung und Missverständnisse, indem sie ihr Bild Oberschlesiens verbreiteten und oft bereitwilliges Gehör fanden. So vor allem die eloquente und gut deutschsprechende Ethnologin und Senatorin Dorota Simonides, die nach der Wende ein begehrter Gast bei TV Talkshows in der Bundesrepublik war. Simonides vertritt beharrlich die propagandistische Ansicht, die Oberschlesier seien alle Polen, oder zumindest germanisierte Polen, und bekannten sich zum Deutschtum nur aus Gründen materieller Vorteilnahme. Während einer Diskussion über die sogenannten „wiedergewonnenen Gebiete“, in der Redaktion der Breslauer Zeitschrift „Odra“, ( veröffentlicht im Heft 9.1990) in der die Diskussionsteilnehmer, die bisherige staatlich verordnete These von der historischen Berechtigung Polens auf die ihnen in Potsdam 1945 zuerkannten Gebiete in Frage stellten, beharrte allein die Professorin aus Oppeln auf dieser Bezeichnung, mit der Begründung, die Oberschlesier hätten jahrhundertelang ihre Rückkehr zum Mutterland Polen innigst herbeigesehnt. Eine Vorstellung, die den Phantasien national gesinnter Polen entsprechen mag, aber mit den Realitäten nichts zu tun hat und leicht zu widerlegen ist. Während eines öffentlichen Auftrittes im Polnischen Institut in Düsseldorf im August 1995 wurde dem Auditorium, in dem zahlreiche Vertriebene saßen, klar, dass es die Professorin aus Oppeln mit der Wahrheit ganz bewusst nicht so genau nimmt, sie behauptete, aus Ostpolen seien zehn Millionen Menschen vertrieben worden, erwähnte aber mit keinem Wort die vertriebenen Deutschen. Dass insgesamt 15 Millionen Deutsche vertrieben, dagegen nur 2-3 Millionen Polen umgesiedelt wurden, gehörte zum Verschweigungskanon der totalitären Propaganda. Und es war Simonides, die mehrmals unterstellte, die deutsche Minderheit in Oberschlesien sei eine Gefahr für die innere Sicherheit der Region. Frau Professor Simonides hat sich zweifellos große Verdienste für ihr unermüdliches Engagement fürs Polentum in Oberschlesien erworben. Aber es war für die deutschen Oberschlesier eine Überraschung, zu hören, Professor Simonides habe vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz für ihren Einsatz für die deutsche Minderheit erhalten. Im November 2001. Die Situation der deutschen Minderheit verschlechtert sich zunehmend. Man hat von polnischer Seite bald begriffen, dass die Bundesrepublik nicht gern hinsieht und die Minderheit weiterhin, wie einst der SPD Vorsitzende Hans-JochenVogel sagte, vielen als Stolperstein in den deutsch-polnischen Beziehungen gilt. Mit den Verträgen aus dem Jahre 1991 wurde der Minderheit freie Entwicklung kultureller Aktivitäten war der Minderheit zugesagt. Leider werden die meisten Bemühungen in dieser Richtung als Anmaßungen und Gefahr für die Region verhindert. Die Beispiele dafür könnten eine Anklagebroschüre füllen. Vor und nach den Wahlen im Herbst gab es Veröffentlichungen in der lokalen Presse, die die deutsche Minderheit verunglimpften. Unter anderem von dem prominenten Publizisten Jan Nowak- Jezioranski, der viele Jahre in Deutschland verbracht hatte. Auch von der Beauftragten des Woiwoden für die Minderheit, Danuta Berlinska.. Die deutsche Minderheit reagiert kaum noch auf die Attacken, die von allen Seiten auf sie niederprasseln. Eine Polemik mit den ständigen Anschuldigungen findet nicht statt. Die Minderheit ist in ihrer Medienpräsenz in der Region deutlich benachteiligt und übrigens massiv behindert worden. Die zweisprachige Zeitung in Oppeln gibt, unter ständigen Ermahnungen von deutscher und polnischer Seite, seit Jahren keinen Widerspruch von sich. Eine mit großer Mühe etablierte zweisprachige Fernsehsendung wurde zugrunde gerichtet.. Eine Radiofrequenz wird der Minderheit trotz beharrlicher Bemühungen nicht eingeräumt, obwohl es 27 Sender in Region gibt. Die deutsche Minderheit, die für den Aufbau der Infrastruktur des Landes von Westdeutschland unterstützt wird, lässt diese Hilfen - Krankenhäuser, Straßen, ein saniertes Kanalisationsnetz und Förderung für Unternehmungsgründungen selbstverständlich der ganzen Bevölkerung zugute kommen. Für ihre eigenen kulturellen Aktivitäten bekommt sie aber vom Woiwodschaftsamt so gut wie nichts, denn weniger als ein Prozent der Zuwendungen, die polnische Kultureinrichtungen erhalten. Die aber wollen die Deutschen in ihre Aktivitäten nicht einbeziehen. So werden von Seiten des Kochanowski-Theaters in Oppeln seit Jahren Initiativen von deutscher Seite abgelehnt. Sogar die Bitte, deutsche Klassik in polnischer Sprache aufzuführen. Als die Minderheit unlängst ein Papier zur Errichtung eines eigenen Kulturlebens vorstellte, ging die Hetzerei erneut los. Von einem Theater „nur für Deutsche“, wie aus der Okkupationszeit wurde orakelt und eine Antagonisierung der Region an die weiße Wand gemalt. An dieser neuesten Kampagne nimmt u.a. die Zeitschrift Newsweek Polska teil, die vom Axel Springer Verlag herausgegeben wird (Ausgabe vom 11.11.01) und sich somit wohl einer Europäisierung der Region verpflichtet fühlen sollte. Der Autor, Zbigniew Gorniak, schwadroniert unter dem bedeutungsträchtigem Titel „Das Syndrom der Dominanz“ (Syndrom dominacji) an den Realitäten vorbei. Zu fragen blieben - wessen Dominanz eigentlich gemeint ist, denn eine Bevölkerungsgruppe, der unter dem totalitären Regime ein Existenzrecht gänzlich abgesprochen wurde, und die heute mühsam versucht zu ihrer kulturellen Identität zurückzufinden und Schwierigkeiten hat, ihre Interessen zu artikulieren ist keineswegs zu irgendeiner Dominanz fähig. Die Frage bleibt - was soll das alles? Will man die ohnehin durchs Zeitgeschehen so stark benachteiligte deutsche Bevölkerungsgruppe in Oberschlesien endgültig auslöschen? Wer soll den Leuten helfen, ihre verbrieften Rechte realisieren zu können? Maria B. Mutuschek |
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