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 GÓRNY ¦L¡SK - OBERSCHLESIEN

 

Nr. 2 / 05.2002

Silesia Superior 2/05.2002

Vorwort von Werner Christmann:
Als ehemaliger Student von Bischof Wieczorek und Erzbischof Nossol beobachte ich seit Jahren mit großer Aufmerksamkeit die beiden großen schlesischen Persönlichkeiten, die meinen Lebensweg nicht unwesentlich geprägt haben.
Bischof Jan Wieczorek stammte aus Botzanowitz O.S. (ab 1936 Grundsruh, polnisch: Bodzanowice), Kreis Rosenberg, und als ich ihn kennenlernen durfte, dozierte er als Professor an der Philosophisch-Theologischen Hochschule zu Neisse Kirchenrecht. Gleichzeitig war er Pfarrer in Bodland bei Kreuzburg. In dem nachfolgenden, relativ kurzen Statement beschreibt er eindrucksvoll das Wirken von Erzbischof Nossol, für ihn und uns alle eines großen Oberschlesiers, dessen Verdienste um unser Vaterland - Schlesien - eine historische Bedeutung erlangt hatten. Zwei Bemerkungen möchte ich der Einleitung in die Lektüre noch hinzufügen: "Erzbischof Nossol diskutierte mit seinen Verleumdern nicht (die ihn der Germanisierung Schlesiens bezichtigten), denn seiner Meinung nach wäre es nur ein Zeitverlust und eine Kraftvergeudung, die man doch lieber den Menschen guten Willens widmen sollte." - schreibt sein Freund Jan Wieczorek. Und noch eines: trotz einer sehr schweren Magenkrankheit, in der er mit dem Tod ringen musste und deren Folgen er wahrscheinlich noch bis heute zu spüren bekommt, vergaß er sich und widmete sich total seiner Sendung, als Seelsorger, Professor, Brückenbauer, Gründer und Leitfigur des schlesischen Volkes. Ich habe Bischof Wieczorek gebeten um die Erlaubnis, den prägnanten Text ins Deutsche übersetzen zu dürfen und im Westen der deutsch-schlesichen Leserschaft zugänglich zu machen. Daraufhin antwortete er mir persönlich und übermittelte die deutsche Fassung, die er offensichtlich parallel zum polnischen Text selber verfasst hatte.


BISCHOF JAN WIECZOREK

ALFONS NOSSOL ALS AMTSKOLLEGE UND
MITARBEITER IM BISCHÖFLICHEN DIENST

Es ist nicht leicht über jemanden Memoiren zu schreiben, der einem Freund war und blieb. Es ist auch zu befürchten, dass Erinnerungen an den Freund, dem ich über zehn Jahre im bischöflichen Amt zur Seite stand, zu einem Loblied ausarten. Doch denke ich, dass es hier nicht der Fall sein wird, denn diese Erinnerungen werden Menschen beurteilen, denen Bischof Alfons nicht nur von seinem Wirken in der Oppelner Diözese, sondern auch von seiner Tätigkeit weit über die Grenzen seines Heimatlandes bekannt ist. Sein vierzigjähriges Priesterjubiläum und seine zwanzigjährige Verwaltung des Bischofsamtes in der Lokal- und Gesamtkirche, geben Anlass an Geschehnisse zu erinnern, die ich als Amtsbruder und Mitarbeiter aus nächster Nähe miterlebte.

Im Priesterseminar in Neisse, in dem wir viele Jahre gemeinsam verbrachten, schaute ich auf meinen um ein Jahr höher stehenden Studienkollegen voll Bewunderung. Außerordentlich begabt, vertiefte er sich in die philosophischen und theologischen Wissenschaften, die er weitgehend zu ergründen suchte. Seine Kenntnisse und durchdachten Probleme teilte er seinen jüngeren Kollegen auf verständliche und begreifliche Weise mit. Ähnlich den Seminarübungen, erklärte er schwierige Fragen einfacher und kommunikativer als manchmal die Professoren, besonders in Metaphysik und Erkenntnistheorie. Seine selbstlose und uneigennützige Haltung, anderen das Wissen mitzuteilen, brachten ihm Anerkennung bei den Alumnen. Deshalb ist es mir bis heute unverständlich, wie unsere Vorgesetzten einem solchem Theoretiker auch einmal wirtschaftliche Funktionen übertragen konnten, die mit der Organisierung von Arbeiten, auch körperlichen, in und außerhalb des Seminars verbunden waren. Vielleicht war dies ein Fingerzeig für die Zukunft? Unser Verbleib im Priesterseminar fiel in die fünfziger Jahre, die zu der schwierigsten Kapiteln der neuesten Kirchengeschichte Schlesiens zählen. Die Infiltration politischer Faktoren ins Priesterseminar, das Werben unter den Klerikern und auch Professoren zur Spionage in den politischen Auseinandersetzungen, machten manchen Studenten mürbe. Angriffe auf das Schlesiertum und dieses Gebiet, verursachten ein Zusammenscharen um einen, der sie stärkte und zur Ausdauer ermunterte. Zu ihnen gehörte auch Bischof Alfons. Aus ihm emanierte ein Wille, auf dieser schlesischen Erde auszuharren, diese Erde zu lieben und ihre Bevölkerung kennen und verstehen zu lernen.

Die Universitätsjahre auf der Katholischen Universität in Lublin brachten uns noch näher zusammen. Er freute sich darüber, dass der nun schon verstorbene Bischof Franciszek Jop soviel junge Priester zu Spezialstudien auswählte. Wir bildeten eine enge Gruppe, welcher Bischof Alfons vorstand. Zudem hatten wir beide außer dem Studium noch eine andere Aufgabe. Wie waren Eleven eines Knabenkonviktes, dem in der Zeit der fünfziger Jahre, die staatliche Abnahme der Reifeprüfung untersagt war. Um an der Katholischen Universität in Lublin studieren zu können, mussten wir ein staatliches Abitur haben. Wir bereiteten uns daher zur Staatsmatura vor, natürlich inkognito, denn als Priester durften wir uns nicht zu erkennen geben.

Das Priesterseminar in Neisse.

Nach dem Abschluss des Universitätsstudiums in Lublin verbanden uns weitere didaktische Aufgaben im Priesterseminar, das wir vor Jahren absolvierten. Bischof Alfons hielt Vorlesungen im Priesterseminar und an der Universität in Lublin. Ich dagegen half noch zusätzlich in einer Oppelner Pfarrgemeinde aus, deren Pfarrer der Oppelner Weihbischof Heinrich Grzondziel war. Außerdem arbeitete ich im Offizialat in Oppeln, und in den Jahren 1969-1981, also bis zu meiner Ernennung zum Weihbischof, als Pfarrer in der Dreifaltigkeitsgemeinde Bodland (Bogacica) bei Kreuzburg (Kluczbork).

Der Oppelner Bischof.

1977 wurde Alfons Nossol vom Heiligen Vater, Papst Paul VI. zum Bischof ernannt. Für Schlesien, ein außergewöhnliches Ereignis. Der erste Oppelner Bischof kam von Krakau. Der zweite Bischof wurde ein aus Schlesien stammender Priester. Die Freude der Geistlichkeit und der Gläubigen war groß. Als ich ihm gratulierte, erzitterte ich bei seinen Worten, die ich hier sinngemäß wiedergeben möchte: ”da ich mich nicht mehr herausreden konnte und die Ernennung annehmen musste, wirst Du jetzt bereit sein müssen, neben Deinen bisherigen Aufgaben auch auf Diözesanebene mein Mitarbeiter zu werden”.

Ich weiß, wie schwer es ihm fiel, das Bischofsamt anzunehmen. ”Was wird aus meiner wissenschaftlichen Tätigkeit, was aus meinen Aufgaben an der Katholischen Universität in Lublin” solche Fragen stellte er sich. Er liebte seine wissenschaftlichen Forschungen genau so sehr, wie sein Priestertum. Er deutete an, dass er durch die Universitätsaufgaben etwas von der unmittelbaren Seelsorgetätigkeit abgekommen sei. Er wusste, dass seine Verbindung mit der Seelsorgearbeit während der Ferien und Feiertage zu gering war, um sich als Seelsorger auszugeben. Die Argumente, die Kardinal Wyszynski vorbrachte, um ihn zur Annahme des Hirtenamtes in der Oppelner Diözese zu überzeugen, waren gewiss schwerwiegend. Der Kardinal machte ihm deutlich:

”Das Oppelner Land, die Bevölkerung dieser Erde, brauchen Dich Junge!” Ob ihn das überzeugte? Als er sich nach der Bischofsweihe in der Kathedrale zum Heiligen Kreuz an seine Mitarbeiter und Priester wandte, unterstrich er: ”In der Kathedrale zum Heiligen Kreuz hat man mir das Bischofskreuz auferlegt. Selbst werde ich das Kreuz nicht ertragen können, ich brauche Mitarbeiter ‘Cyreneer‘. Mit Eurer Hilfe werde ich das Kreuz sicherer tragen und den Menschen dienen”.

Mitarbeiter.

Als er das Hirtenamt übernahm, war er sich dessen bewusst, dass er auch die Ordinariatsverwaltung auf sich nimmt, eine Arbeit, die für ihn neu und eigentlich auch unbekannt war. In den ersten Jahren nahm er keine Personalveränderungen vor. Die Generalvikare blieben weiter wie bisher, ebenso die Weihbischöfe: Wenzel Wycisk und Antoni Adamiuk. Als er die umfangreiche Kanzleiarbeit sah, ernannte er Andrzej Hanich zu seinem Sekretär. Anfangs nahm er keine größeren Umänderungen vor. Er ging davon aus, dass der erste Oppelner Ordinarius, Franciszek Jop, ein gediegener und geschätzter Rechtsgelehrter, schon gute Anweisungen seinen Ordinariatsbediensteten, mit dem Kanz1er Aloizy Sitek obenan, erteilt hat. Jedoch vermehrte sich der Aufgabenkreis des Bischofs Alfons in den Episkopatskonferenzen und auch in den Kommissionen des Heiligen Stuhls. Im Jahre 1980 beging das Sanktuarium der Heiligen Anna ihr 500jähriges Bestehen. Die polnische Bischofskonferenz, unter Anführung des Primas und Kardinals Wyszynski, gab den Feierlichkeiten gebührenden Glanz, der durch die traditionelle Männerwallfahrt noch erhöht wurde. Als der Primas, der die Ansprache hielt, die vieltausenden betenden Männer sah, gab er die Zusicherung, dem Bischof und den Gläubigen dieser Diözese, ihnen durch die Ernennung eines zusätzlichen Weihbischofs zu Hilfe zu kommen. Ein Jahr darauf, wieder zur Männerwallfahrt, wurde meine Nomination als Weihbischof der Diözese Oppeln verkündet. Merkwürdig war auch der Beschluss des Bischofs Alfons, in Bezug auf den Ort, an dem mir die Bischofsweihe erteilt werden sollte. Der Franziskanerprovinzial, Pater Dominik, schlug vor, die Konsekration auf dem Annaberg vorzunehmen. Bischof Alfons kleidete den Gedanken in folgende Worte: ”Auf dem Annaberg versprach der Primas einen Weihbischof zu geben, auf dem Annaberg wurde die Ernennung bekanntgegeben, auf dem Annaberg soll auch, am Ende der größten Wallfahrt des Schlesischen Volkes, die Bischofskonsekration stattfinden” (am 16. August 1981). So wurde ich für viele Jahre engster Mitarbeiter des Bischofs Nossol, im Hirtenamt der Diözese Oppeln.

Die Form der Mitarbeit, vor allem im Bereich der Ordinariatsstruktur, begann, abweichend vom bisher Üblichen zu verlaufen. Als einer der engsten Mitarbeiter bemerkte ich die Abänderung der Verhaltensweise im Ordinariat selbst. (Ab 1962 war ich oft im Ordinariat und kam durch die Tätigkeit im Offizialat auch mit den Bischöfen zusammen). Bischof Alfons hatte seine eigene Wesensart. Sie war einfach, ohne zeremonieller Prägung. Schlicht und ungekünstelt. Die Anrede "Exzellenz” verlor sich langsam und so blieb das verständliche und leicht auszusprechende Wort "Bischof‘. Ebenso kamen außer Gebrauch die pompösen Höflichkeitsformen und Bitten um Audienz. Der neue Bischof war zugänglicher und erschien in einfacher Kleidung. Im Gedächtnis blieb mir folgende Begebenheit: Bischof Alfons stand gerade in der Nähe der Pforte und öffnete die Tür einer angesagten ausländischen Gästegruppe. Die Begegnung sollte in einem größerem Saal stattfinden. Er führte die Besucher auch dort hin und begann sie zu begrüßen. Der Leiter erkannte den Bischof nicht, unterbrach die Begrüßung und gab gestikulierend zu verstehen, dass sie mit dem Bischof sprechen möchten, der ein Brustkreuz trägt, ein rotes Käppchen und eine rote Talarbinde. Bischof Alfons verstand, ging hinaus, und bekleidete sich mit dessen Insignien und führte den Empfang weiter. Dem Dienst im Ordinariat wurde die Gespanntheit und Etikette genommen und durch eine Atmosphäre der Herzlichkeit und Häuslichkeit ersetzt.

Die Leitung einer Diözese fordert rechtes Handeln und die Zusammenarbeit verschiedener Behörden. Als die Diözese formell ins Leben gerufen wurde, bemühte sich ihr erster Bischof um die Gründung eines Domkapitels. Seit der Errichtung der Apostolischen Administratur in Oppeln im Jahre 1945, bildeten das Beratungsgremium des Ordinarius, die Diözesankonsultoren. Im neuen Kodex des Kirchenrechts erscheint das Kollegium der Konsultoren, dem gewisse Befugnisse hinsichtlich der Beratung des Bischofs bei Entscheidungen in schwerwiegenden Anliegen zugestanden werden. Die Konsultoren erfüllten ihre Aufgaben ganz gut, obwohl die Zeiten damals für die Oppelner Kirche sehr schwierig waren. Nach Besprechungen mit dem Priesterrat und mit dem Kollegium der Dekane, fasste Bischof Alfons den Beschluss, dass das nach kanonischen Normen und Statuten rechtmäßig gewählte Konsultorenkollegium das Beratungsgremium bleiben soll. Damit blieb die Oppelner Diözese, damals die einzige Polens, ohne Domkapitel.

Dem CIC gemäß, begann der Priesterrat seine Tätigkeit, wie auch der Diözesanseelsorgerat. Für diese Beratungsgremien wurden eigens Verordnungen und Statuten bearbeitet. In der Sorge um ein besseres Kennenlernen und Betreuen der Herde Christi in der Diözese, kam Bischof Alfons der Gedanke, die Diözese in Seelsorgegebiete (Regionen) aufzuteilen. Nach langen Beratungen, Besprechungen, Erörterungen, Debatten und Diskussionen, mit dem Priesterrat, dem Konsultorengremium und dem Kollegium der Dekane, sowie nach Konsultationen mit hervorragenden Seelsorgern, erließ Bischof Alfons das Dekret aufgrund dessen die Diözese in fünf Seelsorgegebiete (Regionen) aufgeteilt wurde. Jedem Weihbischof wurde ein Gebiet zugeteilt: das Oppelner Gebiet übernahm Bischof Alfons. Mir wurde das Gebiet Gleiwitz anvertraut, das die Umgebung und Städte Gleiwitz (Gliwice), Hindenburg (Zabrze), Beuthen (Bytom), Peiskretscham (Pyskowice) und Tost (Toszek) umfasste. Nie kam mir damals der Gedanke, dass ich nach einem Jahrzehnt weihbischöflicher Amtstätigkeit, Ordinarius einer neugegründeten Diözese Gleiwitz werde, die grundsätzlich aus dieser Region errichtet wurde, aber zusätzlich die schöne Tarnowitzer und Lublinitzer Gegend bekam, die ehedem zur Diözese Kattowitz gehörten.

Aus dem Bestreben zur Zusammenarbeit mit den Laien und deren Erziehung zur Mitverantwortung für die Lokalkirche und Pfarrgemeinde, wurden Statuten für Kirchen- und Seelsorgsräte ausgearbeitet, sowie Arbeitspläne für die einzelnen Sektionen dieser Gruppen. Außerdem wurden Grundsätze zur Errichtung und Einberufung dieser Gremien festgelegt. Die Diözese Oppeln gehörte zu den ersten, in denen Kirchen- und Seelsorgsräte entstanden.

Das Bauwesen und Bauten kirchlicher, insbesondere sakra1er Objekte, war zur Zeit der Kommunistenherrschaft praktisch eingestellt. Die Staatsbehörden gaben keine Bauerlaubnis für Kirchen oder Bauten für Diözesanzwecke. Erst nachdem die kommunistischen Behörden in den achtziger Jahren ins Wanken gerieten und Überlebungschancen suchten, räumten sie der Kirche größere Freiheiten ein. An erster Stelle ging es um Aufträge für Kirchen- und Sakralbauten. Als ich die Ernennung zum Generalvikar bekam, wurde mir das Bau- und Finanzwesen, sowie die ökonomischen Angelegenheiten, anvertraut. Es mussten auf diesem Gebiet 35jährige Versäumnisse aufgearbeitet werden, da in dieser Zeit in vielen Städten große Wohnviertel entstanden, die aber ohne Kirchen blieben. Es wurde mit dem Bau von über fünfzig Kirchen und noch viel mehr kirchlichen Gebäuden, besonders zur Erteilung des Religionsunterrichts, begonnen. ~Die Situation und die Begeisterung muss ausgenützt werden”, sagte Bischof Alfons oft. Nicht selten erschien er selbst auf dem Bauplatz, um den Priestern und Gläubigen seine Anerkennung auszusprechen.

In dieser Zeit wurde auf Entschluss des Bischofs Alfons, in der Nähe des Ordinariats, mit dem Bau eines Gebäudekomplexes begonnen, zu dem ein Pastoralinstitut, ein Museum, ein Archiv und ein Priester-Emeritenhaus gehörten. Das war damals etwas Neues und Ungewöhnliches und fand nicht gleich Anklang, besonderes bei der Geistlichkeit. Es trat die Befürchtung ein, dass die vielen Investitionen die Finanzmittel der Diözese überlasten. Mit eisernem Willen und Überzeugungskraft bei der Überwindung von Schwierigkeiten und der Suche nach Finanzen, gelang es dem Bischof dennoch dieses große Vorhaben zu verwirklichen. Für die damalige Zeit eine außergewöhnliche Kühnheit, die Bischof Alfons an den Tag legte. Beim Bau dieser Objekte halfen, auf Entscheid des Bischofs, auch die Kleriker des Priesterseminars in den Ferien mit. ”Diese Beschäftigung, die körperlichen Anstrengungen, werden ihnen helfen, physische Arbeit zu verstehen und zu schätzen.” - kommentierte der Bischof seinen Entschluss. Von pastoraler Bedeutung war auch die Bitte, die der Bischof durch die Seelsorger an die Gläubigen richtete, gruppenweise beim Aufbau dieser Objekte mitzuhelfen. Die Pfarrer organisierten die entsprechenden Gruppen, die zum Bauplatz kamen und ihre Zeit und körperliche Arbeit zum Aufbau anboten, bis zu 12 Stunden täglich. Stolz klangen die Worte dieser freiwilligen Helfer: "Wir bauen ein Pastoralinstitut und ein Priester-Meritenhaus für unsere Seelsorger”. Ein weiteres großes Vorhaben war in den 90er Jahren die Übernahme der Schlossruine in Groß-Stein, dem Geburtsort des heiligen Hyazinth, sowie des seligen Czeslaus und der seligen Bronislawa. Heute ist das Schloss eine ”Perle” in der Oppelner Diözese. Es dient der Theologischen Fakultät der Oppelner Universität, als Kulturzentrum und Begegnungsort von internationaler Dimension und ist zugleich das Heiligtum des heiligen Hyazinth, eines großen Europäers im Mittelalter.

Ein Wort der Anerkennung gebührt den Priestern, die im Auftrag des Bischofs Alfons diese Bauten führten, besonders den Herren Dr. Josef Mikolajec und Dr. Albert Glaeser, die sich nicht scheuten, ihre Kräfte und ihre Gesundheit für dieses große Werk einzusetzen. Alle diese Unternehmen sollten Bedingungen schaffen für die Bildung und Erziehung vieler Menschen.

Die Ausbildung der Priesterkandidaten, die »educatio permanens” der jungen Priestergeneration, den Laien den Weg zu den humanistischen, philosophischen und theologischen Wissenschaften zu ebnen, ihnen die Gelegenheit zu deren Vertiefung zu geben" - diese Bestrebungen gehören zu den besonderen Plänen seines Wirkens als Professor und Bischof

Seit Übernahme der Diözese war das Priesterseminar sein Herzenskind. Seine Sorge galt dem Bildungsniveau dieser Lehranstalt, sowie der Vorbereitung und Ausbildung des Professoren- und Pädagogenkaders. Seinen Mitarbeitern eröffnete er manchmal, wie sehr es ihm daran liege, eine Universität mit einer theologischen Fakultät in Oppeln ins Leben zu rufen. Ein Weg zum Ziel führte über das ralinstitut der Diözese, das bald eine Filiale der Katholischen Universität Lublin wurde. Heute können. wir sagen, dass Bischof Alfons an der Entstehung sowohl der Universität, wie auch der theologischen Fakultät in Oppeln, große Verdienste hat.

Ein weiterer seiner Verdienste ist auch, dass er viele begabte Priester zum Spezialstudium an die Katholische Universität nach Lublin und andere europäische Universitäten schickte. Es war sein Wunsch, dass jeder Priester ein Universitätsmensch, ein offener, weitblickender Mensch werde, der immer bereit ist, die Wissenschaft der großen Welt in sich aufzunehmen. Dem sollte auch das dynamisierte Fremdsprachenstudium dienen. Mutig führte er, unter anderem auch das Lektorat der deutschen Sprache ein. Man darf hierbei nicht außer Acht lassen, dass in damaliger Zeit, im Oppelner Schlesien, ein deutsches Lektorat zu führen, untersagt war. In der wissenschaftlichen Welt zählt die Kenntnis mehrerer Sprachen. Heute verfügt die Theologische Fakultät über einen zahlreichen Stab von Professoren und selbständigen Wissenschaftlern. Seinem Weitblick ist es zu verdanken, dass jetzt an der Theologischen Fakultät einige hundert Menschen studieren. Diese Akzeptanz kann man auch so auffassen: damit will ihm das schlesische Volk seine Anerkennung dafür außprechen, was er ihm gegeben hat. In seinem Auftreten verteidigte er immer das Recht und die Anliegen der Menschen des schlesischen Landes, was nicht immer in Warschau Verständnis fand. Wie viel Leid wurde ihm dadurch zugefügt. Nach einem halben Jahrhundert politischer Verbote hatte er, aus pastoralen Gründen, den Menschen dieses Landes ermöglicht, den Gottesdienst in der Sprache des Herzens zu feiern - in Deutsch.

Den Menschen, der Hilfe braucht wahrnehmen.

Der Beginn meiner näheren Mitarbeit bei Bischof Alfons, fiel in die Zeit der politischen Erschütterung des Staates, der Menschen verfolgte, die anders dachten und das kommunistische Regime nicht akzeptierten. Die Ausrufung des Kriegszustandes am 13. Dezember 1981 brachte dem Seelenhirten der Oppelner Diözese viel Kummer. Fast jeden Tag mussten Entscheide getroffen werden, um Hilfsbedürftigen zu helfen. Die Sorge um den Menschen und die Rechtswahrung, nahmen Bischof Alfons voll und ganz in Anspruch. Im öffentlichen Auftreten und bei Kabinettsunterredungen mit Staatsvertretern, setzte er sich für die Gefangenen und Internierten ein, um sie zu verteidigen und zu befreien. Mit großem Wagnis traf er schwierige und oft riskante Entscheidungen. Es ging ihm um den Menschen. Priestern gab er besondere Befugnisse und beauftragte sie, zu den Internierten vorzudringen. Ein besonders Aktiver in dieser Hinsicht war in der Gleiwitzer Region der Prälat Paul Pyrchala, der die ganze karitative Hilfe für die Internierten, Festgenommen und ihre Familien leitete. Bischof Alfons suchte nach Provianthilfe auch im Ausland, vor allem in Deutschland bei den Caritasorganisationen. So begann der Aufbau einer Caritasstruktur in der Oppelner Diözese, mit ihrem Direktor, dem Prälaten Paul Porada. Bischof Alfons startete eine Hilfsaktion für Hospitäler, indem er verschiedene und spezielle Apparaturen besorgte. Er ist auch der Initiator des Aufbaues von Sozialstationen in den einzelnen Dekanaten. Mit der Errichtung der Sozialstationen beauftragte er den Geistlichen Rat Wolfgang Globisch. Hierbei erhielt er Hilfe von der Deutschen Regierung im Hinblick auf die deutsche Minderheit, die sich auf dem Gebiet der Oppelner Diözese befindet. Er nahm die Hilfe aber nur unter der Bedingung an, dass sie allen Bewohnern zugute kommt, nicht nur den Deutschen. Die polnische Presse nützte das trotzdem aus, um Bischof Alfons als einen Germanisator Schlesiens darzustellen. Mit den Verleumdern diskutierte er nicht, denn seiner Meinung nach wäre es nur ein Zeitverlust und eine Kraftvergeudung, die man doch lieber den Menschen guten Willens widmen sollte.

Die Liebe zum Schlesierland, der Kirche und den Einwohnern dynamisierten den Dienst am Volk dieses großen Menschen der Wissenschaft und zugleich Hirten und Bischofs. Schlesiens Gläubige haben seit über fünfhundert Jahren ihr Heiligtum auf dem St. Annaberg, auf dem die heilige Mütter Anna Selbdrit verehrt wird. Unsagbar war der Einsatz des Bischofs, damit der Heilige Vater Johannes Paul II. auf dem ”Berg des vertrauenden Gebets und der Versöhnung” eintreffe. Bischof Alfons konnte sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass der Papst 1983 auf dem Weg von Breslau nach Krakau den Annaberg nicht betreten sollte. Vielleicht ist das Wort nicht entsprechend, wenn wir sagen: er ”kämpfte” darum. Persönliche Rücksprachen mit dem Heiligen Vater brachten das Ergebnis, dass der Stellvertreter Christi, am 21.Juni 1983, unter einer betenden und singenden Menschenmenge auf dem Annaberg weilte. Beim Abflug skandierte das Volk: ”Wir danken”. Im Dank an den Heiligen Vater war auch der Dank an unseren Bischof Alfons enthalten. Seine Liebe zur Kirche, sein authentischer Katholizismus, sowie seine wissenschaftliche Aufrichtigkeit gaben den Anlas, dass Bischof Alfons in mehreren Päpstlichen Kommissionen vertreten ist. Er ist Mitglied des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen. Er ist Mitglied der gemischten Kommission für den theologischen Dialog mit den Orthodoxen und Lutheranern. Er ist Ehrendoktor der Universitäten Münster, Mainz und Oppeln. Er ist eine bedeutende Persönlichkeit im polnischen Episkopat, davon zeugt, dass er in den Ständigen Rat der Polnischen Bischofskonferenz gewählt wurde.

Heute danke ich Gott, dass ich viele Jahre sein naher Mitarbeiter im bischöflichen Dienst der Diözese Oppeln sein durfte. Viel habe ich von ihm gelernt. Ich bewunderte seinen Scharfblick in seinen Beurteilungen und die weite Perspektive in seinen Entscheidungen. Die Zusammenarbeit mit Bischof Alfons geht weiter. Einen Freund verliert man nicht. Viele Anliegen organisieren wir gemeinsam. Bischof Alfons spricht oft: "Die Diözesen Oppeln und Gleiwitz sind Schwestern."