Hass ist eine Krankheit und man sollte dem von ihr Befallenen Mitleid gewähren. Leider ist Hass aber auch eine
ansteckende Krankheit und wenn sie epidemisch wird, bedeutet das Unfrieden. Krieg. Krieg aber zerstört.
Wir leben in friedlichen Zeiten, in denen viele verantwortungsbewusste Menschen sich um einen menschlichen Umgang
miteinander, auch nach den Verletzungen des Kriegs von vor einem halben Jahrhundert bemühen.
So erschreckt die Entgleisung von Miroslaw Olszewski in der NTO vom 1.Febr.2003 u.d.T. „Die bösen
Sowjets“( Ci niegrzeczni Sowieci), noch mehr aber, dass eine seriöse Zeitung einen derartigen Text veröffentlicht
hat. Und das ohne Rücksicht auf das Umfeld – eine Region, in der neben Polen auch Deutsche leben, und das in
einem demokratischen Staate. Auch ehemalige Angehörige der Wehrmacht und ihre Nachkommen. Besonders hier in
Oberschlesien sollten alle Beteiligten auf einen sensiblen Umgang miteinander achten.
Der Autor, Miroslaw Olszewski, gibt seiner Wut Ausdruck, dass deutsche Soldaten im Film über Stalingrad als leidende
Menschen dargestellt wurden. Er benutzt dabei ein Vokabular, wie es in keiner Zeitung im heutigen Europa möglich wäre.
Dieser Autor, anscheinend ein wenig belesener Mensch. weiß nichts von menschlichen Tragödien, die die Entwicklung
unserer Spezies von Anfang an begleiten. In der Bibel tötet Kain Abel, aber Gott spricht dennoch mit ihm. Die
Geschichten der griechischen Mythologie sind voller Grausamkeit, aber stets werden die tragischen Verwicklungen der
Menschen reflektiert.
Wenn der Autor Miroslaw Olszewski etwas gebildeter wäre, wüsste er, dass es jahrhundertelang zur Tradition des
christlichen Abendlandes gehörte, dem besiegten Gegner Pardon zu gewähren. Kriegsgefangene wurden in Europa vielleicht
nicht vornehm, aber stets mit dem Bemühen behandelt, keinen Hass aufkommen zu lassen, es galt als ehrlos, am Wehrlosen
Rache zu üben. Diese christlich geprägte Tradition wurde erst durch die beiden totalitären Regime der Sowjets und der
Nazis mit Füßen getreten.
Stalingrad war zweifellos eine der grausamsten Schlachten der Menschheit und eine der absurdesten menschlichen Tragödien.
Die Sowjets versteiften sich darauf, die Stadt zu halten, weil sie den Namen des Diktators trug, die Nazis wollten sie
eben deshalb auf ausdrücklichen Befehl des Führers für sich erobern. Eine Motivation, wie sie hirnrissiger kaum zu
denken ist. Hunderttausende junger Männer ließen dafür ihr Leben.
Wenn heute ein Filmwerk über Stalingrad in deutsch-russischer Kooperation entsteht, so ist das ein Zeichen der
Hoffnung. Wenn sich aber Journalisten finden , die diesen Film so kommentieren wie Miroslaw Olszewski, ist dies ein Rückfall
in geistige Barbarei.
Und eine ungeheure Gedankenlosigkeit dazu!
Karl Dedecius, der verdienstvolle Übersetzer aus der polnischen Literatur ins Deutsche, mehrfach von polnischer
Seite gewürdigt und geehrt, ist einer der wenigen, die Stalingrad überlebt haben.
Und glaubt der Autor der NTO vielleicht, dass alle deutschen Soldaten Nazis waren, oder freiwillig in den Krieg
zogen? Da hieß es nämlich – an die Front! und wer sich weigerte, wurde erschossen. Mein Vater, ein deklarierter
Pazifist, wurde auch in eine verhasste Uniform gesteckt und bekam nach Stalingrad ein Urteil für wehrkraftzersetzende
Äußerungen. Er kam in einem Strafbattallion ums Leben.
Nach dem Krieg gab es allerseits intensive Bemühungen, die Verletzungen zu überwinden. Nur das Sowjet-Regime
konservierte den Deutschenhass.
Polnische Autoren und Intellektuelle haben dennoch viel für die Überwindung des blinden Reflexes des Hasses getan
In Oberschlesien lebt noch die Erinnerung an den unseligen Krieg, der so viele Menschenleben gefordert hat. Die
meisten derer, die auf deutscher Seite gekämpft haben, waren auch Opfer des Krieges, wenngleich es den Polen nicht zu
verdenken ist, sie vor allem als Okkupanten in Erinnerung zu haben. Dennoch sollte man heute auch den ehemaligen Gegnern
Respekt zeigen, zumindest nach deren Tod. Sollte vielleicht die Hasstirade in der NTO die Debatte um die Denkmäler für
die Gefallenen der Weltkriege anheizen?
Dann wäre natürlich tiefe Besorgnis um die Zukunft Schlesiens im gemeinsamen Europa angesagt.
Und um einen Satz des Autors der in der NTO veröffentlichten Entgleisung zurückzugeben – wer so denkt, wie
Miroslaw Olszewski, stellt sich selbst in die Reihe der dümmsten Hyänen, der Verursacher dieses oder eines anderen
Desasters wie Stalingrad.
Dem sollten sich alle Menschen guten Willens widersetzen.