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 GÓRNY ¦L¡SK - OBERSCHLESIEN

 

Nr. 6 / 03.2003

Silesia Superior 6 / 03.2003

Ewald Stefan Pollok

Die Strategie der deutschen Minderheit - Medien

Ein Vortrag vorbereitet für das Treffen der Spitze der deutschen Minderheit in Groß Stein 17-19.01.03

Vor ein paar Wochen war ich zum wiederholten Mal in Namibia, einem Land im Süden Afrikas. Das Land ist eine ehemalige deutsche Kolonie und hieß damals Südwest Afrika und gehörte in den Jahren 1883 bis 1919 (36 Jahre) zu Deutschland. Namibia ist zwei Mal so groß wie die Bundesrepublik und es leben dort 30.000 Deutsche. Man könnte denken, dass eine kleine Gruppe keine Bedeutung im Lande haben kann. Das ist ein Irrtum, die Deutschen sind dort bekannt und werden geschätzt.

Mir geht aber nicht um die Wertschätzung der Deutschen, obwohl das auch sehr wichtig im normalen Leben ist. Ich will ein paar Sätze über das gemeinsame Dasein und das Deutschtum in diesem Lande äußern.

Die kleine Gruppe der Deutschen hat ein paar Stunden Radioprogramm täglich, deutsche Schulen, ein deutsches Gymnasium und eine für sie wichtige und gute Tageszeitung, die Allgemeine Zeitung, die in einer Auflage von über 4.000 Exemplare erscheint. Dazu einen Verlag, der Bücher und Schulbücher durch die in Namibia wohnenden Deutschen geschrieben, herausgibt. Auf Schritt und Tritt sieht man deutsche Geschäfte, Bäckereien, Hotels. In mehreren Orten sind deutsche Strassenbezeichnugen. Es ist dort die Kaiser-Wilheim-Strasse, die Poststraße, oder Bahnhofstraße.

Denken wir mal nach. Eine kleine Gruppe hat sich so stark gemacht, das man sie in jeder Ecke des Landes sieht.

Und wie ist in Oberschlesien, Pommern, Ostpreußen! Sind wir auch so präsent? Ich glaube nicht. Um das zu beweisen kann ich ein Beispiel geben. Im Sommer vorigen Jahres war ich in Gleiwitz und mit einem Bekannten haben wir auf der Geschäftsstraße ulica Zwyciestwa Passanten angesprochen und zwei Fragen gestellt.

- haben sie schon was von der Zeitung „Schlesisches Wochenblatt“ gehört und wenn ja, wo wird die Zeitung herausgegeben?

Von 100 Passanten wußte einer, daß so eine Zeitung in Schlesien veröfentlicht wird, 2 waren der Meinung, dass sie in der Bundesrepublik erscheint und durch die Landsmanschaften herausgegeben wird.

Die zweite Frage war:

- Haben sie von einer Zeitung „Jaskolka Slaska“ gehört?

Von denselben 100 Passanten 3 gaben zu Antwort, dass es eine Zeitung der Schlesischen Autonomie Bewegung ist.

Und da stellt sich gleich die Frage: Sind wir, die geschätzten 500.000 Deutsche in Oberschlesien nicht imstande ein bißchen mehr Werbung für eine deutsche Zeitung zu machen? Reicht es, dass wir eine Zeitung haben, oder sollten wir alles tun, um die Zeitung publik zu machen und mit ihr das Interesse auf das Deutschtum ( die Deutschen im Lande – Deutschtum klingt zu kämpferisch, weckt Assoziationen) zu wecken. Von den 100 Befragten sollten mindestens 30 von der Zeitung gehört zu haben. Ob sie sie gut oder schlecht bewerten ist eine andere Frage. Aber wissen sollten sie, daß so eine existiert. Vielleicht währen sie auch dann neugierig auf sie.

Wie wir hier alle im Saal wissen, unsere polnischen Nachbarn schauen uns ganz genau auf die Finger, wollen wissen was wir machen, über was wir reden, was wir über die Zukunft in diesem Lande denken. Wir leben im Lande, wo schon unsere Ahnen nicht nur 30 Jahre wie in Namibia gelebt haben, aber einige Familien bis zu 700 Jahren alt sind. Es gibt Dörfer wie Reinschdorf (Renska Wies) die, von den hier vom Rhein gekommenen Deutschen gegründet und von den Nachkommen bis heute bewohnt werden.

Wir sollen in unseren Medien sagen, was wir wollen, wie wir die Zukunft sehen, um unserem Nachbarn den Wind aus dem Segeln nehmen, das sie sich nicht von alleine was zusammenreimen. Man redet nur über uns vor den Wahlen, danach ist es still im Lande. Hin und wieder spricht man noch über die neue Apparaturen die wir für ein Krankenhaus aus dem Westen beschafft haben. Wir können nicht für uns werben. In der jetziger hektischen Zeit muss man sich darstellen können, anderseits geht man unter.

Des öfteren lesen wir aber in den polnischen Zeitungen ein über uns nicht unbedingt wohlwollenden Artikel. Wie können wir uns dem widersetzen? Fast gar nicht! Unsere Medien sind zu unbedeutend, haben zu wenig Durchsetzungskraft um Paroli zu bieten. Sagen wir es ganz offen - unsere Medien werden nicht ernst genommen,

In Oppelner Schlesien leben ca. 35% Schlesier, die oft nicht wissen, zu welcher Gruppe sie gehören. 350 Tausend, das ist eine große Anzahl von Menschen. Offiziell bezeichnet man die Deutschen als Minderheit, den laut Gesetz sind sie auch eine Minderheit. Wenn man in ein Nachschlagewerk schaut dann lesen wir dort: „Minderheit - ein kleiner Teil einer Gesamtheit“. Wir sind hier in Oberschlesien kein kleiner Teil, wir sind gleichberechtigte Partner. Wir waren hier immer zu Hause, und sollten alles daransetzen, um zu zeigen, dass es weiter unsere Heimat ist.

Deutsche in anderen Teilen von Polen sind in einer schlechteren Lage, sie sind dort eine Minderheit, den wie wir alle wissen, in der Nachkriegszeit sind viele gestorben, einige wurden ermordert und die meisten vertrieben und es ist nur noch eine handvoll in den Orten, wo ihre Eltern und Großeltern gelebt haben, da.

Man sollte die ganze Bevölkerung Schlesiens überzeugen, daß man ohne uns nichts machen kann und soll. (und darf)

Die Zeit des Totalitarismus auf beiden Seiten ist vorbei und wir sollten alles tun, um das schlechte Bild des Deutschen, das über lange Jahre bewußt geprägt wurde, mit entsprechenden Maßnahmen zu verändern. Können wir das zur Zeit? Ich bin der Meinung - NEIN. 44 Jahre lang hat man fast alle so eingeschüchtert, daß die meisten weiterhin sehr oft den Kopf wie ein Strauß in den Sand stecken.

Unsere Leute wissen nicht wo sie sich befinden, denn es fehlen Richtlinien und Erklärungen. Unsere Medien schreiben und sprechen nicht von der Zukunft, wir reden nur von dem, was vor einer Woche oder Monaten passiert ist. Das ist zu wenig.

Tausende bekamen den deutschen Pass und sind zufrieden dass sie nach Deutschland in die Arbeit fahren dürfen. Reicht das? Da müssen wir laut sagen -NEIN. Viele wissen ja gar nicht, ob sie in ihrem Innerem Deutsche sind. Das haben wir während der Volkszählung erlebt. Es waren Leute, die sich ganz leicht durch die Vertreter umstimmen ließen. Das alles zeigt, daß wir hier sehr viel zu tun haben.

Wir müssen eine Kampagne starten, in der wir unseren Leuten einiges erklären.

Seit ein paar Jahren haben wir in Oppeln eine Universität. Fragen wir die jungen Leute, die dort Geschichte studieren, was man ihnen in den Kopf für Flausen setzt. Die gleichen Professoren, die in der kommunistischen Zeit nach den Direktiven der Partei unterrichtet haben, tun das noch jetzt. Haben unsere Medien dagegen was getan? NEIN. Wir schütteln nur mit dem Kopf und fragen uns weshalb sie solche Dummheiten erzählen. Das ist zu wenig. Wir müssen was dagegen tun. Wir müssen den hiesigen Leuten Informationen in die Hand geben, die sie auch in Diskussionen verwerten können.

Es ist nicht leicht über mich zu reden, aber verstehen sie bitte, das ich hier nur ein Beispiel bringen will. Bücher die ich schreibe sind in Auflagen verkauft, von denen unsere Zeitung nur träumt. Das Buch Legenden, Manipulationen, Lügen hat man 15.000 mal verkauft und das über Annaberg oder das neue Schlesische Tragödien geht auch in Tausenden Exemplare. Mit einem Oberschlesier aus Rybnik, Herrn B. Nieszporek, geben wir die Internetzeitung Silesia Superior (www.SilesiaSuperior.com) heraus. Zusammen mit Echo Slonska (www.EchoSlonska.com) werden beide Periodika regelmäßig von 12.000 Lesern gelesen, darunter vorwiegend die  jüngere Generation.

Hiermit will ich mich nicht loben. Ich will nur sagen, daß bei der Bevölkerung ein Bedürfnis für Geschichte und alles was Schlesien betrifft vorhanden ist. Und nur mit Büchern, Zeitungen, können wir die Moral verbessern und das Wissen der Menschen erweitern. Wir müssen den Schlesiern Argumente in die Hand geben, daß sie bei verschiedenen Gesprächen und Diskussionen auch was zu sagen haben.

Bis heute, nach 13 Jahren, haben die Deutschen keine Bücher, keine Broschüren, keine Informationen herausgegeben, um unsere Leute zu informieren, unseren Leuten erklären, wie es sein sollte. Und das rächt sich schon und wird sich noch weiter rächen.

Deshalb müssen wir alles tun um die entsprechende Aufklärung zu schaffen. Auf jedem Briefbogen schreiben wir „kulturelle Gesellschaft“ und so sollten wir auch handeln.

Wir brauchen eine gute Zeitung, die auch der NTO, Dziennik Zachodni, Gazeta Opolska Paroli bitten kann. Wir brauchen eine Zeitung, mit der sich unsere Leute identifizieren werden. Es geht nicht von Heut auf Morgen eine so interessante Zeitung aufzubauen, aber wir müssen besser Heute als Morgen mit dem beginnen. Vergessen wir nicht, dass zur Zeit in Polen eine ziemlich aggressive Werbung in den Medien geführt wird. Fast jede Zeitung tut alles um die Leser anzuziehen. Die Neue Trybuna und auch Dziennik Zachodni haben den Autoatlas in Teilen gedruckt und den Lesern beim Kauf der Zeitung geliefert. Andere Zeitungen legen eine CD-Platte mit Musik bei. Einige haben schon Bücher beigelegt. Und was machen wir um weitere Leser zu werben? Meiner Meinung nach - fast nichts. Und man könnte auch einmal im Monat eine Beilage in Form einer Broschüre, oder 2-3 Seiten zusätzlich mit extra Informationen drucken.

Herr Theisen, der Herausgeber der Zeitung Unser Oberschlesier erzählte mir, als bei ihm mein offener Brief an Prof. Lesiuk erschien, hat er mehr Exemplare als sonst verkauft. Die Leser wollen die Wahrheit. Wir können die Auflage nur dann erhöhen, wenn wir die Wahrheit sagen und auch Werbung betreiben; Plakate aufhängen, Informationen im Radio senden, Werbezettel verteilen, und wenn wir den Lesern das zum Lesen geben, was sie wirklich interessiert, und womit sie an einer Diskussion teilnehmen können. Die Medien müssen interessanter werden.

Ich glaube, wir sind uns immer noch nicht bewußt, was für eine große Macht die Presse hat. Mit einer Zeitung, die bei den Leuten ankommt, kann man viel mehr bewegen als man denkt.

Und noch eine Kleinigkeit. Unsere Mitglieder und Sympathisanten treffen sich in den Räumen des DFK. Weshalb geben wir den Menschen nichts mehr außer Kaffee und Kuchen. Ich weiß, Hin und Wiedermall singt ein Chor. Aber haben wir schon nachgedacht, daß man für unsere Mitglieder auch Vorlesungen machen könnte?

Das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz lädt bekannte Personen zu Vorlesungen in verschiedene Städten ein. Aber die Gleiwitzer können nicht in jedes Dorf einen Prelegenten schicken. Wir sollten dabei auch helfen, wir sollten die Leute aufklären, ihnen das erzählen, was sie nicht wissen können wegen der jahrelanger Lügen. Es ist eine Gelegenheit die manipulierten Informationen aus dem Weg zu schaffen, denn wie wir alle wissen erzähl man uns immer noch Sachen, die zum Himmel schreien und die meisten glauben es, und glauben werden wenn wir nichts dagegen tun.

Es ist zum Beispiel nicht gut, daß wir bis jetzt nichts getan haben um neue Schulbücher, die mit der Zeit der Geschichte gehen, zu besorgen.

Ich kann mir vorstellen, dass einige jetzt sagen werden, „aber zur Zeit geht es noch nicht, unsere Nachbarn sind zu mächtig, sie erlauben uns nicht das tun was wir wollen“.

Erstens, wir haben es nicht genügend versucht, oder nur zaghaft probiert und zweitens, hier will ich einen kleinen Beispiel aus meinem Dorf geben. Ich habe einen Brief an die Gemeinde in Zdzieszowice/Odertal geschrieben mit der Bitte, das wir in Zyrowa/Buchenhöh eine von Gaschin Strasse haben wollen. Es wurden Unterschriften gesammelt, trotzdem sah es so aus, als unsere Begehren nicht das Licht der Welt sehen wird. Ich habe zwei Jahre gekämpft und wir haben endlich eine von Gaschin Strasse.

Mit dem Beispiel will ich nur zeigen, das man oft sehr viel Geduld haben muss, um das zu erreichen, was man erreichen will. Wenn wir so handeln, da werden auch unsere Nachbarn sehen, dass man mit uns nicht spaßen kann. Wenn wir aber immer den Kopf in den Sand stecken, kommen wir nicht weiter.

Die Deutsche Minderheit braucht eine wie ich schon sagte gute Zeitung, die mindestens von 30.000 Exemplare Auflage hat. Auf so eine Zeitung wird man aufmerksam werden und man muss auch das was sie schreibt ernst nehmen. Die Zeitung hat auch die Möglichkeit die deutsche Sprache, die wie wir alle wissen nur bei der älteren Generation noch gut bekannt ist, bekannter zu machen.

Sehr wichtig ist auch eine längere Fernsehsendung. Die bisherigen 10 Minuten ein Mal in zwei Wochen sind zu wenig. Vergessen wir nicht, das ein drittel der Einwohner Opellner Schlesien hiesige Menschen sind. Man sollte auf jeden Fall mindestens halbe bis eine Stunde Wöchentlich haben.

Wir brauchen auch einen Verlag, der Bücher und hauptsächlich Broschüren über Schlesien und über andere ehemalige Gebiete drucken wird. Wir müssen den Menschen bewusst machen: Ein Volk das nichts über seine Vergangenheit weiß und noch dazu die eigene Sprache nicht sprechen kann, ist verloren.