Wer vor 12 Jahren zur Wende-Zeit die alte schlesische Heimat besuchte, erlebte dort eine erfreuliche Renaissance der deutschen Sprache,
die dort einst auch per Geldbußen und körperliche Züchtigung durch die gefürchtete Miliz verboten war. Dieser Druck war im demokratisch
werdenden Polen vorbei. Aber schon bald danach klagte der erste frei gewählte deutsche Bürgermeister von Oberglogau/Oberschlesien, im
polnischen Volksmund "Klein-Berlin" genannt Hans Borsutzky, dass just die deutschstämmige Jugend nicht besonders gern den
deutschen Sprachunterricht annehme. Der sei - was natürlich lobenswert ist - eher bei Jungpolen gefragt.
In Deutschland, und jetzt auch Holland trifft man oft Arbeitskolonnen aus Oberschlesien an, die nur dank ihres deutschen Passes hier in
der EU einen Job bekommen. Und: Infolge dessen gegenüber ihren polnischen Freunden dadurch privilegiert sind, dass die hier als
Nicht-EU-Bürger nicht jobben dürfen und dort der Arbeitslosigkeit ausgesetzt sind.
Die Meisten dieser Kolonnen können ihre Muttersprache nicht und wecken die Häme z.B. türkischer Arbeitskollegen, die sich mit dem
deutschen Meister besser verständigen können .Und natürlich auch die Harne der polnischen Reiseunternehmer, die sie zur Arbeit karren
oder an Wochenenden daheim nach Oberschlesien. Primär kann nur einer der Kolonne seine Muttersprache. Würde man, wie hierzulande bei
Russlanddeutschen gehabt, ein Sprachexamen durchführen, würden sie mit Pauken und Trompeten durchrasseln. So erzählte ein junger
polnischer Reiseunternehmer aus Zülz, dass er eine solche Gruppe zum Berliner Flughafen Tegel fuhr, von wo sie zum Job nach London fliegen
sollte. Sie verpasste
den Flug ,weil die jungen Leute nicht verstanden. Und schließlich wurden sie kurzfristig vom Bundesgrenzschutz verhaftet, weil die
Beamten nicht glauben wollten, dass diese Leute mit deutschern Pass eben nicht deutsch weder verstehen, noch sprechen konnten... Warum sich
wundern? Viele der Zöglinge von deutschen Minderheitsfunktionären oder in ihrem Umfeld als Deutsche bekannten Persönlichkeiten haben
Schwierigkeiten mit der Muttersprache ihrer Vorderen, obwohl die "Wende" schon vor 13 Jahren stattfand.
Man fragt sich auch, nach welchen Kriterien so manche Mitarbeiterin oder Mitarbeiter der deutschsprachigen Sendungen von "Radio
Opole" mit ihrem hölzernen Deutsch ausgesucht wurden? Ihnen seien als Vorbild z.B. die deutschsprachigen Sendungen von "Radio
Moskau" heiß empfohlen. Der Autor dieser Zeilen stand paar Jahre lang hinterm Mikrofon der polnischen Sendungen der "Deutschen
Welle". Hätte er solches Polnisch abgeliefert, wie manche das Deutsche von "Radio Opole", er wäre mit warmen Händedruck
gleich nach Aufnahmeprüfung verabschiedet worden. Leider muss man konstatieren, dass so manche Polin oder mancher Pole in Goethes Sprache
besser und nicht selten ohne Akzent bewandert ist, als so manches Mitglied der deutschen Minderheit.
Traurig, aber wahr.