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 GÓRNY ¦L¡SK - OBERSCHLESIEN

 

Nr. 4 / 10.2002

Silesia Superior 4 / 10.2002

Martin Grote

St. Anna Feier in Haltern und Neviges

Das Pontifikalamt feierte der Kardinal Leo Scheffczyk gemeinsam mit Prälat Winfried König und einigen Könzelebranten draußen am Freialtar:

Rundherum hatten sich tausende Menschen versammelt, die inbrünstig in „Glorwüird'ge Königin", „Sankt Anna, voll der Gnade" und in weitere schlesische Kirchenlieder einstimmten, die von Burkhard Führer an der Orgel sowie von der Stadt- und Feuerwehrkapelle Sendenhorst begleitet wurden. Bergleute in ihrer Uniform versahen den Weihrauchdienst; an Frauen in schlesischen Trachten mangelte es nicht.

Gespannt erwartete man die Predigt des Kardinals: Zunächst ging der renommierte Theologe darauf ein, dass die St.-Anna-Wallfahrt keine Veranstaltung reiselustiger Touristen sei, sondern ein Pilgerweg, der sich auf das leuchtende Dreigestirn von St Anna, der Gottesmutter Maria und dem Gottmenschen Jesus Christus richte.

„Diese drei, die gewiss in ihrer Würde sehr voneinander zu unterscheiden sind, verkörpern doch je auf ihre Weise das Geheimnis der Erlösung und der Erlösungsgnade:

In St Anna deutete sich der Anfang der Erlösung und der Gnade an; in Maria erfuhr die Erlösung eine Steigerung; in Christus aber gelangte sie zur Vollendung." Kardinal Scheffczyk führte dieses noch weiter aus, und jeder der Anwesenden konnte dabei spüren, welch ein gelehrter Dogmatiker hier in zum Teil gehobener theologischer Fachsprache das Wort ergriff. Der Kardinal charakterisierte die hl. Mutter Anna z.B. als „lebendige Verkörperung der zuvorkommenden Gnade Gottes, die Gott schon lange vor dem Erscheinen Christi an die Menschen ergehen ließ"; doch der 1985 emeritierte Theologieprofessor bezeichnete Christus als die Hauptfigur der Anna-Selbdritt-Gruppe, da ER das Haupt, der Ursprung und die Quelle aller Gnade sei, auf die unser ganzes Leben ausgerichtet sein soll.

Eine dreiviertel Stunde vor der Messfeier war der hohe Gast aus München schon in der Sakristei anzutreffen. Die Freundlichkeit, Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit des Kardinals beeindruckten mich. „Bischof zu sein ist keine unbedingte Voraussetzung für das Kardinalsamt", antwortete mir der 82jährige. Vor der Kardinalserhebung hat er von der Bischofsweihe abgesehen, da der Purpur für ihn eine Auszeichnung für hohe wissenschaftliche Verdienste und nicht für ein Bischofsamt bedeute. „Daher trage ich auch keinen Bischofsstab und setze vor meine Unterschrift kein Kreuz", erklärte Leo Scheffczyk und erfüllte mir bereitwillig einen Autogrammwunsch.

Nicht weniger erfreut über eine äußerst hohe Beteiligung zeigte sich am darauffolgenden Sonntag in Neviges der Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft Schlesien, Damian Spielvogel. Der von Prof. Gottfried Böhm erbaute Mariendom, ein Meisterwerk moderner Beton-Architektur, war bis in den allerletzten Winkel und bis auf die oberste der balkonartigen Emporen gefüllt, als die Festmesse begann, die in langjähriger Tradition der aus Ratibor gebürtige Abt em. Dr. Adalbert Kurzeja OSB feierte. Als Konzelebrant stand Wallfahrtsleiter P. Georg Scholles OFM mit am Altar; als Diakon assistierte Gerd Figaszewski. Feierlich erklang, bereichert von brillanter Orgelmusik des jugendlichen Marc-David Schwarz, heimatkirchliches Liedgut, z. T. auch von den „Oberschlesischen Bergleuten" die unter der Leitung von Lilianne Pyriik aus Recklinghausen einige Stücke zu Gehör brachten.

Einen Schwerpunkt legte Abt Adalbert in seiner Predigt auf die in letzter Zeit häufigen Missbrauchsfälle durch kath. Priester, und er ermutigte die Gläubigen, trotz solcher Schattenseiten, die sich nicht leugnen ließen, die Treue zur Kirche zu bewahren: „Die Kirche ist nicht von Menschen gemacht, sondern sie ist von Christus gestiftet." Er rief eindringlich dazu auf, zu Christus zu stehen und die Fröhlichkeit im Glauben nicht zu verlieren.

(aus "Heimat und Glaube")