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14_10/2003

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WIR SIND EIN VOLK

Oberschlesier in Polen fordern Anerkennung

Warschau/Katowitz. Jahrelang wurden sie belächelt, als regionale Merkwürdigkeit oder folkloristische Besonderheit abgetan. Diejenigen Oberschlesier, die sich um Anerkennung als eigenständige ethnische Minderheit bemühten, weil sie sich weder als Polen noch als Deutsche betrachten, eckten gleich mehrfach an: In Warschau wurde die Existenz einer nach Autonomie strebenden "schlesischen Nationalität" schlicht geleugnet, in Oberschlesien selbst befrüchteten die Vertreter der deutschen Minderheit, dies könne zur Spaltung führen. Spätestens seit der Volkszählung des vergangenen Jahres aber ist es offiziel. In den Fragebogen zur Nationalität gaben 173 000 Menschen an, sich als (Ober-)Schlesier in Polen zu fühlen. Damit stellen sie die größte nichtpolnische Gruppe. Zur deutschen Minderheit in Polen bekannten sich in der Volkszählung knapp 153 000 Menschen, von denen die ganz große Mehrheit ebenfals in Oberschlesien beheimatet ist. 

Jerzy Gorzelik der Vorsitzende der "Bewegung für Autonomie Schlesiens" (RAS) will es nun ganz genau wissen. Die Organisation, die seit mehr als zehn Jahren für die Anerkennung der Schlesier als ethnische Minderheit kämpft, hat eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereicht, um rechtliche Anerkennung durchzusetzen. Eine Entscheidung wird bis zum Herbst erwartet. 
Mit den Schlesiern sind in diesem Fall die Oberschlesier gemeint. >>Wir sind immer von allen Seiten geschlagen worden<<, meint Andrzej Rajman aus Kattowitz. Während manche Oberschlesier sich vor allem als Deutsche oder Polen empfanden, gab und gibt es viele, die eine Entscheidung für eine der beiden Nationalitäten ablehnen. Schlißlich sprachen ihre Familien beide Sprachen, dazu das so genannte
Wasserpolnisch, eine mit zahlreichen deutschen und tschechischen Ausdrücken durchsetzte Umgangsprache. Nach 1945 wurden auch die Oberschlesier, die sich geweigert hatten, während des Krieges die deutsche Volksliste zu unterschreiben, als >>fünfte Kolone<< der Deutschen verdächtigt. Im komunistischen Polen seien die Oberschlesier als Bürger zweiter Klasse behandelt worden, meint der Regisseur Kazimierz Kutz, der sich in der Volkszählung ebenfalls zur schlesischen Nationalität bekannt hat: >>Aborigines, die zur Polonisierung bestimmt waren.<<
>>Wir sind ein Volk<<, meinen mittlerweile nicht nur die Autonomisten unter den Oberschlesiern. >>Wir waren 600 Jahre außerhalb Polens, bei den Tschechen und den Deutschen<<, sagt Jerzy Bogacki, der Vizevorsitzende der RAS. >>Unser Erbe liegt in der westlichen Kultur.<<
RAS-Chef Jerzy Gorzelik schwärmt gern von den Autonomie-Erfolgen der Wallonen oder Schotten. Vom Beitritt Polens zur Europäischen Union erhoffen sich viele Oberschlesier deshalb mehr Eigenständigkeit für ihr >>kleines Vaterland<<.

Eva Krafczyk
aus "Hildesheimer Allgemeine Zeitung", vom 8 VIII 2003
(wysznupou Szwager)


 

 


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