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14_10/2003

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Die oberschlesische Frage (VII)

Der erste Korfantysche Verfassungsentwurf

Ein weiterer Schritt auf diesem Wege bedeutete dann der sogenannte Korfantysche Verfassungsentwurf, der jedoch in Warschau als zu weitgehend, in Oberschlesien als ungenügend betrachtet wurde. Es ist von der oberschlesischen Bevölkerung mit Freude empfunden worden, dass Korfanty für die Interessen seiner Heimat in Warschau so warm eingetreten ist, und allgemein gab man sich der Hoffnung hin, dass er nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern als der geborene Vermittler zwischen Polen und Oberschlesien seiner schwer heimgesuchten Heimat zu der lang ersehnten, wohl an Polen angelehnten, aber sonst selbständigen freiheitlichen kulturellen Entwicklung verhelfen wird. Der Dank eines jeden Oberschlesiers aber auch jedes weitblickenden Polen wäre ihm gewiß.

Die Autonomie und die „Gazeta Ludowa“

Besondere Beachtung verdient ein Artiekel der „Gazeta Ludowa“ vom 5. August 1919, eines Blattes, das die extreme polnische Richtung vertreten hat. Ausgehend von dem Autonomieprojekt Korfantys und dessen Bekämpfung durch die Presse in Polen erhebt der Verfasser gegen diese Opponenten im oberschlesischen wie auch polnischen Interesse entschiedenen Widerspruch. Diese Opposition in Polen könne unberechenbaren Schaden für Polen haben. Je mehr Freiheit die Autonomie Oberschlesiens enthalte, desto größer seien die Aussichten, daß Oberschlesien bei der Abstimmung Polen treu bleibe. „Ihr Herren, (sich an die Warschauer Adresse wendend) die ihr die bei uns herrschenden Verhältnisse nur teilweise kennt, könnt anscheinend die Gefahren nicht übersehen, die dem polnischen Volke seitens der Deutschen – und wahrscheinlich in allernächster Zeit – drohen.“ Die Gefahr bildeten zwei Faktoren: Die Vorbereitung für eine Selbständigkeit Oberschlesiens von deutscher Seite und die Aufteilung des Grundbesitzes. Schließlich erwähnt dieses auch sonst über die geheimen Vorgänge in Oberschlesien so gut informierte Blatt die großen Gefahren, welche Oberschlesien von Seiten des allmächtigen internationalen, insbesondere amerikanischen Großkapitals drohen. Diese wichtige Tatsache, die sich mit den Nachrichten aus dem Ausland und den oberschlesischen Zeugenaussagen deckt, verdient später besondere Erwähnung. Mit einer Aufforderung an Warschau, die Autonomie Oberschlesiens möglichst schnell durchzuführen, schließt dieser Artikel mit richtigen Mahnung: „Warschau in deinen Händen liegt das Los Oberschlesiens!“

Die Zusammenkunft der oberschlesischen poln. Akademiker

Noch bedeutsamer in dieser Hinsicht ist eine Zusammenkunft vom 8. Juli 1919 von zweihundert polnischen oberschlesischen Akademikern, die unter anderen zu der Autonomie Oberschlesiens Stellung nahmen und in einer Resolution die Vereinigung aller an Polen abgetretenen oder abzutretenden preußischen Gebiete unter der Oberherrschaft Polens und eine weitgehende Autonomie für diese Gebiete forderten. Die Resolution ist den Zentralbehörden in Posen und Warschau zugeschickt worden. Es ist bezeichnend, daß endlich

Auch diese Kreise, die bisher der Autonomie, abgeneigt schienen, die Unmöglichkeit einer völligen Verschmelzung Oberschlesiens mit Polen offen zugaben und bestrebt waren, die Interessen ihrer Heimat zu wahren. Zwar ging auch jetzt noch ihre Absicht dahin, Oberschlesien mit Posen und Westpreußen zu verschmelzen, ohne die großen völkischen und kulturellen Unterschiede zu beachten, die zwischen Oberschlesien und Posen bestehen und stets trennend und hemmend auf die gegenseitige Entwickelung dieser beiden Gebiete einwirken würden.

Anschluß an Polen

Schon das Selbstbestimmungsrecht Oberschlesiens weist auf eine Sonderstellung hin, der auch die Pariser Friedenskonferenz, besonders Lloyd George, Rechnung trägt, wenn er warnt, aus Oberschlesien ein neues Elsaß-Lothringen in Polen zu schaffen. Die Gefahren, die seit kurzem diesem Selbstbestimmungsrecht von seiten des internationalen Kapitalismus drohen, der den Oberschlesier in seiner eigenen Heimat seiner völkischen Eigenart berauben und dadurch entwurzeln möchte, um ihn desto rücksichtloser ausbeuten zu können, ferner der notwendige Zusammenschluß aller gemäsigten deutschen Einwohner vor der Abstimmung, um von vornherein eine absolute Mehrheit zu sichern, werden hoffentlich läuternd einwirken. Das gemeinschaftliche Interesse Oberschlesiens wie auch Polens selbst erheischt das Zusammenstehen aller oberschlesischen Kräfte und Fähigkeiten – mögen sie aus den Kreisen der polnischen Intelligenz stammen – das Zusammenarbeiten in einem selbständigen auf der Gleichberechtigung und Freiheit des polnischen und deutschen Volksteiles aufgebauten und an Polen angeschlossenen Oberschlesien. Solange noch die Bodenschätze Oberschlesiens in den Händen der einheimischen Großindustriellen waren, und der Friedensvertrag noch nicht unterzeichnet war, konnte man hoffen ein solches Ideal vielleicht auch in einer ganz selbständigen neutralisierten Republik Oberschlesien zu verwirklichen. Nachdem aber ein Teil der Industrie Oberschlesiens in die Hände des allmächtigen internationalen Großkapitalismus übergegangen sein soll, und dieser in Mitteleuropa eine solche Vorherrschaft erlangt hat, wäre es fürwahr ein Verbrechen das oberschlesische Volk, besonders die Arbeiterbevölkerung, durch Schaffung eines solch kleinen Staates der unumschränkten Herrschaft dieser egoistischen Geldmächte auszuliefern. Mit dem Teschener Gebiet zu einem Herzogtum vereinigt und an Polen angeschlossen, zugleich Glied des mitteleuropäischen Wirtschaftsbundes und in Verbindung mit Frankreich vermag das Herzogtum Schlesien nicht nur der Erdrosselung durch den übermächtigen Geldkapitalismus zu entgehen, sondern es kann auch vermöge seiner friedlichen und freiheitlichen Entwickelung durch die Entfaltung seiner früheren Energie und Arbeitskraft seinem schwer bedrängten Mutterstamm Polen den größten Dienst erweisen. Die freiwillige Gewährung dieser Autonomie wird den heißersehnten Zusammenschluß der meisten polnischen und deutschen Oberschlesier bewirken und eine für Polen günstige Abstimmung in jedem Falle sichern. An Warschau liegt es also, das, was Preußen Oberschlesien trotz seiner Aufopferung bis jetzt versagt hat, freiwillig zuzugestehen und dem erwachsenen Sohne, der nach 600 Jahren zu seiner natürlichen Mutter zurückkehrt, diese Rückkehr dadurch zu erleichtern, daß es ihm die freiheitliche Stellung im Rahmen des polnischen Reiches einräumt, die seiner bisherigen eigenartigen Entwickelung entspricht.

Th. Reginek

Dalyj bydzie juzas.


 

 


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