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13_07/2003

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Der Badestrand am Zawalisko

In einer Talmulde zwischen Rydultau, Pschow und Krzyschkowitz lag unser Badestrand, Zawalisko genannt, Es war ein kleiner See in der Form eines unregelmäßigen Ovals, sein Längendurchmesser betrug ca. 300 Meter. Wie der Name besagt, war es eine Erdeinbruchstelle. Ein unterirdischer Stollen der nicht weit vom Zawalisko entfernten Annagrube in Pschow brach in sich zusammen und bildete auf der Erdobertläche eine große, weit ausgedehnte Vertiefung. Die vielen un­terirdischen Quellen, welche laufend die Grubenstollen und Erdhöhlen füllten, trugen wesentlich zu dieser Erdbewegung bei. Es entstanden tiefe, trichterförmige Löcher, welche sich mit dem vorhandenen Quellwasser füllten. Aus diesem Grunde war das Wasser vom Zawalisko immer kalt und ziemlich klar, sein Untergrund war zerklüftet und stellenweise sehr tief und hatte auch einige Strudel. Im allgemeinen ähnelte der Zawalisko einem kleinen Gebirgssee, denn nicht nur die Entstehung, die Tiefe und die Beschaffenheit des Wassers, auch seine Ufer waren etwas steil und zum Teil mit Gras bewachsen, von Sand war keine Spur.

Der Name Zawalisko flößte uns Kindern immer etwas Angst ein, denn so mancher unvorsichtige Schwimmer hat dort sein Leben gelassen. Unsere Eltern gaben uns nur ungern die Erlaubnis, im Zawalisko baden zu gehen und wenn, so mußten wir hoch und heilig versprechen, nur unmittelbar am Ufer zu baden. Die meisten von uns waren Nichtschwimmer, auch gab es damals keine Schwimmlehrer und Aufsichtspersonen an unserem Badestrand, somit mußten wir schon in eigenem Interesse und aus Erhaltungstrieb nur an diesen Stellen baden, wo der Untergrund eben und flach war. Wagte sich ein Nichtschwimmer an eine andere unbekannte Stelle des Sees, so konnte er in der plötzlich in die Tiefe gehenden Erdspalte ertrinken. Ein SchulkolIege von mir, der Steffek Zymelka, konnte auch nicht schnell genug ins Wasser kommen, erhitzt und unmittelbar nach dem Mittagessen stürzte er sich ins Wasser, wagte sich zu weit hinaus und kam nie wieder zurück. Der Zawalisko behielt ihn für immer bei sich. Das Baden war damals mehr eine Angelegenheit der Männewelt, das weibliche Geschlecht war in den zwanziger Jahren noch schamhaft, keusch und schüchtern. Kein Mädchen hätte sich seinerzeit, so wie heute, nur in einem knappen Bikini an die Öffentlichkeit gewagt. Die heutige Generation übertreibt bald alles. Stundenlang braten sie in der Sonne und können nicht genug braun werden. Verschiedene Öle und Fette, die sie auf den Körper schmieren und die nebenbei gesagt nicht billig sind, sollen der Sonne das Schmoren ihrer Körper erleichtern. Die Frauenwelt schlägt bei dieser heutigen Sonnenanbeterei besonders über die Stränge; die menschliche Haut, besonders die zarte Haut der Frauen, kann bei einer zu langen und intensiven Sonnenbestrahlung starke Schäden davontragen. Oft stellt sich davon ein Sonnenbrand verschiedenen Grades ein. Die schöne zarte Gesichtsfarbe und Haut der europäischen Frauen, um die sie von Millionen andersfarbiger Frauen der Welt beneidet werden, wird durch die lange Sonnenbestrahlung und die verschiedensten dabei zur Anwendung kommenden Make‑ups stark geschädigt, sie wird schlaff und welk, die Farbe nimmt einen undefinierbaren häßlichen Ton an, die Frauen sehen alt und verwelkt aus. An diesem Beispiel kann man sehen, wohin Geld, Dummheit, Eitelkeit und Sex führen können.

Die Verhältnisse haben sich auch heute in unserer oberschlesischen Heimat nicht allzuviel geändert, der Zawalisko ist der alte geblieben, die Menschen sind nicht so übertrieben, huldigen auch nicht so dem Sonnengott. In den Schulen gibt es nicht so große und feudale Schwimmbecken, wie hier im Westen, welche mit Millionen Schulden lasten erbaut werden. Das Leben in Oberschlesien geht noch mehr seinen alten Gang, der Oberschlesier ist ein konservativer Mensch. Übertreibungen, wie sie im Westen an der Tagesordnung sind, liegen uns nicht, wir können darüber höchstens nur lächeln oder, wenn sie uns persönlich angehen mit einem kräftigen "Pierona" darüber schimpfen.

Der Zawalisko mit seinem Badestrand erweckt noch heute in mir freudige, aber auch traurige Erinnerungen. Wir hatten da nicht nur gebadet, oft spielten wir im Grase liegend einen zünftigen Skat oder vertrieben uns die Zeit mit Plaudereien und Fachsimpeleien, stellten Betrachtungen über das Wetter, die Mitbadenden oder die uns umgebende Natur an. Oft spielten wir auch mit dem Ball oder machten Turnübungen. Wenn die Sonne sich hinter den Wolken versteckte und wir fröstelnd aus dern Wasser stiegen, so machten wir einen Wettlauf in den nicht weit entfernten Wald, wobei jeder von uns als Erster am Waldrand sein wollte. Wir hatten recht viel Frohsinn, Lebenslust und Ehrgeiz. Alles war so harmonisch und ausgeglichen, freundlich und kameradschaftlich, so einfach wie wir sind, so war auch unser Tun und Treiben.

Leopold Walla
Aus dem Buch "So lebten wir in Oberschlesien"


 

 


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