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11_02/2003

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DIE OBERSCHLESISCHE FRAGE

(Teil III)

Veröffentlichung der Broschüre

Das oberschlesische Komitee entschloß sich deshalb in einer Ausschusssitzung vom 5. Dezember 1918, mit der Broschüre und mit einem deutsch-polnischen Flugblatte in die Oeffentlichkeit zu treten und den Selbständigkeitsgedanken eifrig zu verfechten. Da mit Abtretung Oberschlesiens stark zu rechnen war und Deutschland wegen der inneren Wirren seine Ansprüche auf Oberschlesien bei der Friedenskonferenz kaum zu verfechten vermocht hätte, zugleich auch dem Autonomie gedanken bisher nicht abgeneigt schien, glaubte das Komitee, die Aktion ungehindert aufnehmen und Deutschland durch Wahrung seiner Interessen mit einem selbständigen Oberschlesien noch einen Dienst erweisen zu können. Die bolschewistischen Unruhen in Deutschland, der schmähliche Rückzug aus Posen ließen auch für Oberschlesien, wo die Verbitterung und Verhetzung des Volkes durch auswärtige Elemente fast bis zur Siedehitze getiegen war, das Schlimmste befürchten und trieben zur Beschleunigung an. Bereits am 8. Dezember war die Broschüre: „Oberschlesien – ein selbständiger Freistaat?!“ in Flugblattform fertig.

Die erste Stellungnahme der oberschl. Polit. Parteien zur Autonomie.

Mittlerweile hatte der Autonomiegedanke Oberschlesiens auch ohne die Presse großen Anhang und viel Begeisterung gefunden. Um sich über die Bewegung Aufklärung zu verschaffen und eventuell die Leitung zu übernehmen, da man über das Komitee in der breiten Oeffentlichkeit noch nicht unterrichtet war, berief ein namhafter oberschlesischer Führer am 9. Dezember 1918 eine Versammlung ein, in der Vertreter aller Richtungen Oberschlesiens und darüber hinaus sich einfanden um neben anderen Fragen insbesondere zu der oberschlesischen Frage Stellung zu nehmen. Die Aussprache gestaltete sich sehr lebhaft. Man suchte zunächst im Interesse Breslaus die Autonomie ganz Schlesiens in den Vordegrund zu rücken. Doch fand dieser Gedanke bei den meisten oberschlesischen Vertretern sehr wenig Anklang. Schließlich einigte man sich auf die Autonomie Oberschlesiens und gedachte, die Förderung dieses Gedankens einer Kommission zu übertragen. Manche gingen bereits soweit, die Ausrufung der selbständigen Republik Oberschlesien zu befürworten, was jedoch abgelehnt wurde. Das neugebildete Komitee sollte für die Selbständigkeitsbewegung alle Kreise und Parteien Oberschlesiens interessieren, um so eine einheitliche Bearbeitung des Volkes zu erzielen und dem Vorwurf der Einseitigkeit und Förderung parteipolitischer Sonderinteressen zu entgehen. Völlig überraschend wirkte auf die Versammlung die Erklärung der Vertreter des oberschlesischen Komitees, daß alle diese Vorarbeiten bereits längst getroffen seien und sogar durch eine Broschüre, die alsbald verteilt wurde, der Weg zum Volke gebahnt sei. Darauf wurde die neue Kommission beauftragt mit dem Komitee in Verbindung zu treten, um ein einheitliches Zusammenwirken zu erzielen. Am nächsten Tage kam es nach einer lebhaften Auseinandersetzung zu einer Einigung, wonach die bisherige Zentrale zu belassen und das Komitee nur durch Aufnahme weiterer Mitglieder zu ergänzen sei.

Die Stellungnahme der Regierung

Eine zweite Prager Reise.

Der Selbständigkeitsgedanke, durch Tausende von Exemplaren der deutschen Broschüre und des deutsch-polnischen Flugblattes unter das Volk gebracht, fand überall, abgesehen von den wenigen hakatistischen und großpolnischen Anhängern, das lebhafteste Interesse, und man forderte von allen Seiten seine baldige Verwirklichung. Um die Preusische Regierung darüber aufzuklären und die Einwilligung zu weiteren Maßnahmen zu erhalten, übernahm ein Mitglied des engeren Ausschusses, das die sozialdemokratische Richtung für die Bewegung zu interessieren und zu gewinnen hätte, während des ersten Kongresses der Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin die Vermittlungsrolle. Die Unabhängigen Regierungsvertreter waren wie früher so auch jetzt den Selbständigkeitsbestrebungen nicht abgeneigt, die Gemäßigten nahmen eine unentschiedene abwartende Stellung ein. Jedenfalls konnte man erwarten, daß namhafter Widerstand von dieser Seite aus nicht zu befürchten wäre. Unter diesen Verhältnissen entschloß man sich, noch einmal in Prag Erkundigungen einzuziehen, um die Stellung der alliierten Mächte zu erfahren. Der Augenblick schien günstig, da der Präsident Masaryk, aus Paris heimgekehrt, zum ersten Male in Prag weilte. Eine zweimalige Aussprache mit dem führenden Persönlichkeiten führte zu denselben Resultaten wie früher. Die alliierten Mächte hätten sich zu der Autonomie Oberschlesiens noch nicht geäußert, doch wäre bei einer Großmacht auf größeren Widerstand zu rechnen. Man sollte versuchen, in Oberschlesien möglichst viel Unterschriften für die Selständigkeit zu sammeln, um dadurch die alliierten Mächte auf dem Friedenskongreß beeinflussen zu können. Zur Vermittelung wären sie gerne bereit und würden auch Vertreter für die Friedenskommission empfehlen.

Die neue Regierung. Der Breslauer Volksrat.

In Deutschland war in dieser Zeit ein großer Umschwung innerhalb der Regierung eingetreten. Die Unabhängigen, die der Autonomie Oberschlesiens am wohlwollendsten gegenüberstanden, traten aus der Regierung aus. Die Gemäßigten waren nun ihrerseits bestrebt, den Reichseinheitsgedanken mit allen Mitteln zu verfechten, um ihre parteipolitischen Ziele zu erreichen. In Oberschlesien fanden die Loslösungsbestrebungen in allen Schichten der Bevölkerung großen Anhang. Ganz polnische Gemeinden haben sich nach einer einzigen Aufklärungsversammlung fast vollzählig zum Autonomiegedanken bekannt und sich in die Listen für die Autonomie Oberschlesiens eingetragen lassen. Der Volksrat in Breslau, der über die Vorgänge in Oberschlesien genau unterrichtet war, gedachte, um Oberschlesien wenigstens als Bundesstaat für Deutschland zu retten, den Selbständigkeitsbestrebungen entgegenzukommen und nahm sogar einen eigenen Landtag für Oberschlesien in Aussicht. Seine Vorschläge für Autonomie Oberschlesiens, die dann durch den Provinzialvolksausschuß vom 30. Dezember 1918 der Regierung unterbreitet worden, lauteten:

I. Vorschlagsrecht und Einspruchsrecht bei der Besetzung der Stellen der Mitglieder der Regierung und der politischen und kulturel-politischen Beamten, z.B. der Landräte, Polizeischefs und Polizeibeamten, Amtsvorsteher, Kreisschulinspektoren, der Siedlungsbehörden, Justizverwaltungsbeamten.

Eigener Selbstwerwaltungskörper Oberschlesiens, insbesondere für Wohlfahrtspflege. Oberschlesischer Landtag.

II. Deutsche und polnische Amtssprache, und in den Gebieten mit mährischer Bevölkerung auch mährische Amtssprache.

III. Das Verhältnis von Kirche und Staat in religiöser, politischer und wirtschaftlicher Beziehung kann nur mit Zustimmung der geordneten Vertretung von Oberschlesiern geändert werden.

IV. Alle Verhältnisse des Religionsunterrichts in öffentlichen und privaten Schilen dürfen nur mit Zustimmung der geordneten Vertretung Oberschlesiens geändert werden.

V. Eine eigene Delegatur des fürstbischöflichen Stuhles für Oberschlesien mit dem Sitz im Industriebezirk wird in Aussicht genommen.

VI. Ein besonderer Kommissar für Oberschlesien wird beim Oberpräsidium und der Volksvertretung für Schlesien zur Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen beiden und Oberschlesien bestellt werden.“

Th. Reginek


 

 


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