KALENDARIUM - www.slonsk.de - 04/2001

  SLONSK

Die Auswirkungen des Versailler Vertrags auf die Industrie Schlesiens

KALENDARIUM 

Bruno Nieszporek

20.10.1921

Abtretung Ost-Oberschlesiens mit wichtigen Bodenschätzen und bedeutenden Industrieanlagen an Polen

"Die Auswirkungen des Versailler Friedensvertrags, der am 28. Juni 1919 unterzeichnet wurde und der am 10. Januar 1920 in Kraft trat, führten zu einem schwerwiegenden Niedergang der Industrie Schlesiens vor allem infolge der am 20. Oktober 1921 verfügten Abtretung Ost-Oberschlesiens mit wichtigen Bodenschätzen und bedeutenden Industrieanlagen an Polen. Die Gebietsabtretungen erfolgten, obwohl in einer Abstimmung am 20. März 1921 60 % der Stimmberechtigten für einen Verbleib bei Deutschland und nur 40 % für einen Anschluß an Polen votiert hatten. Eine neue Grenze durchschnitt nun einen bisher einheitlichen Wirtschaftsraum. Sie trennte Hochöfen von ihren weiterverarbeitenden Betrieben und umgekehrt, von 67 Steinkohlengruben fielen 53 an Polen, nur ein Drittel der Hochöfen blieb bei Deutschland. Der überwiegende Teil der Zinkerzgruben, sämtliche Zinkhütten und die gesamte kohlechemische Industrie gingen verloren. Elf der 22 großen Montanunternehmen wurden zerrissen. Die bei Deutschland verbliebenen Firmen waren stark beeinträchtigt deshalb, weil ihnen entweder die bisherige Rohstoffbasis oder aber die Verarbeitungsanlagen fehlten. Um die Folgen der Zerreißung Oberschlesiens erträglich zu gestalten, wurde für eine Übergangszeit von drei Jahren die zollfreie Einfuhr ostoberschlesischer Eisenerzeugnisse vereinbart. Außerdem enthielt das Abkommen für Deutschland die Verpflichtung, 500000 t ostoberschiesischer Steinkohle monatlich abzunehmen. Die gemeinsame Verwaltung des oberschlesischen Eisenbahnnetzes über eine Zeitraum von 15 Jahren hinweg, zudem Bestimmungen über die Wasser- und Elektrizitätsversorgung verfolgten ebenfalls die Absicht, die Konsequenzen der Teilung Oberschlesiens sowohl für die deutsche als auch die polnische Seite zu mildern.  . . .

Nicht allein die schlesische, sondern die gesamtdeutsche Industrie war nach 1918 durch Konzentrationsbewegungen gekennzeichnet. Dazu zwangen nicht nur die Gebietsverluste an der Ost- und Westgrenze des Reiches, die sowohl im Falle Ostoberschlesiens als auch Elsaß-Lothringens erhebliche industrielle Potentiale umfaßten, sondern auch die Auswirkungen der Inflation."


Aus "Schlesiens Industrie - Ein Gang durch ihre Geschichte" von Konrad Fuchs, S. 22