KALENDARIUM - www.slonsk.de - 04/2001

  SLONSK

OBERHIRTLICHE VERORDNUNG, BETREFFEND HALTUNG DES KLERUS IM OBERSCHLESISCHEN ABSTIMMUNGSGEBIETE

KALENDARIUM 

Arnulf Hein

21.11.1920

Pastoralanweisung

„Pastoralanweisung

Breslau, 21. November 1920

OBERHIRTLICHE VERORDNUNG, BETREFFEND HALTUNG DES KLERUS IM OBERSCHLESISCHEN ABSTIMMUNGSGEBIETE.

Im Hinblick auf zahlreiche Klagen und betrübende Vorkommnisse im oberschlesischen Ab­stimmungsgebiete und im Anschluß an meine seitherigen Anordnungen, Mahnungen und Kundgebungen sehe ich mich genötigt, nach eingehender Verhandlung mit dem heiligen Apostolischen Stuhle zum Schutze der Würde des geistlichen Standes sowie bedeutsamer Interessen der Kirche, des Klerus und der Gemeinden nachstehende Verordnung kraft mei­ner bischöflichen Autorität unter Approbation des Heiligen Stuhles zu erlassen.

  1. Im oberschlesischen Abstimmungsgebiete wird es allen Priestern und Klerikern jed­weder Nationalität und Sprache strengstens verboten, an einer politischen Demonstration teilzunehmen oder irgendwelche politische oder andere Reden zu halten ohne die aus­drückliche Erlaubnis des örtlich zuständigen Pfarrers.

  2. Allen nicht in die Breslauer Diözese inkardinierten Priestern wird überdies im ober­schlesischen Abstimmungsgebiete aufs strengste jedwede politische Agitation verboten, möge sie im Halten von Reden oder Teilnahme an Demonstrationen bestehen, möge sie mit oder ohne Zustimmung des Pfarrers geschehen.
    Auf Übertretung eines jeden dieser beiden Verbote setze ich hiermit kraft bischöflicher Gewalt und in Kraft besonderer päpstlicher Autorisation die ipso facto eintretende Suspension, die dem Bischofe reserviert ist. Der Umstand, daß der Heilige Stuhl in spon­taner Entschließung in einem besonderen Reskripte mich für autorisiert erklärt, mit cen­surae latae sententiae beiden Vorschriften hinsichtlich des Diözesan- und fremden Klerus Nachdruck zu verleihen, ist ein markanter Beweis der Bedeutung, welche die höchste kirchliche Autorität diesen Normen beilegt. Zuwiderhandlungen sind mir vom Ortspfarrer unverzüglich anzuzeigen.

  3. Leider sehe ich mich genötigt, von neuem die Pflicht einzuschärfen, namentlich in der Kirche und in Ausübung des geistlichen Amtes alle und jede direkte und indirekte politi­sche Agitation gewissenhaft zu meiden.

  4. Priester, die nicht vom Ordinariat Breslau jurisdictio fori sitzen auch nicht die licentia praedicandi. Niemand darf von der ihm gegebenen licentia praedicandi in einem Pfarrbezirke ohne Erlaubnis des zuständigen Pfarrers Gebrauch machen; etwaige Zuwiderhandlungen sind mir anzuzeigen.

    Dieser Erlaß

  5. ist von den Pfarrern allen sich einfindenden Klerikern sofort vorzulegen.

A Kard. Bertram, Fürstbischof.


Verordnungen des Fürstbischöflichen Generalvikariatamtes zu Breslau 1920, Nr. 215, S. 123-124. Abgedruckt in: Adolf Kardinal Bertram, Hirtenbriefe und Hirtenworte, Bearb. von Werner Marschall, Köln u.a. 2000, S. 181-182