© Uuser Oberschlesien - www.slonsk.de  - 09/2002

  SLONSK

Königshütte: Graf Reden kehrt heim!

Unser Oberschlesien 15.8.2002
SCHLESIEN HEUTE 1.9.2002

Joachim Stebel


Fast 150 Jahre nach dem ersten Denkmal wird eine Nachbildung errichtet

Mit Recht wird der Graf Friedrich Wilhelm von Reden als der eigentliche Förde­rer der oberschlesischen Berg- und Hüttenindustrie bezeichnet. Untrennbar ist sei­ne Person mit der von ihm begründeten Königshütte verbunden. Aber erst 1853 ließ sich der Plan verwirklichen, dem großen Mann an der wich­tigsten Stätte seines Wirkens, nämlich in Königshütte selbst, ein Denkmal zu set­zen. Daß der aus dieser Stadt stammende Bildhauer Theodor Kalide mit dem Ent­wurf beauftragt wurde, verdankte er seiner Verwandtschaft mit dem Initiator des Denkmalplanes, dem mächtigen Kattowitzer Industriellen Franz von Winckler, der allerdings die Einweihung am 29. Au­gust 1853 nicht mehr erlebte. Statt seiner hielt sein Generaldirektor, Friedrich Wil­helm Grundmann, die Festrede. In einem Bericht von Rudolf von Carnall heißt es von der Auffassung, die Kalide seiner Plastik zugrunde gelegt hatte: "Da steht nun das eherne Standbild des unvergeßlichen Mannes in Puffjacke und Leder, den Fuß auf einer Erzschwelle, in der Rechten das Steigerhäckel, mit der Linken auf einen Plan zeigend, - da steht der echte Bergmann, wie Reden es war, angesichts der Königshütte, der größten seiner Schöpfungen, angesichts der zahllosen Werke, wel­che ringsum ihre Rauch- und Feuersäulen zum Himmel senden."

Dieses Denkmal reiht sich zwanglos in den Kreis jener Werke ein, die aus der künstlerischen Schule Christian Daniel Rauchs hervorgegangen sind und die der preußischen Auffassung eines ausge­prägten Nationalgefühls insofern entsprechen, als sie die Realistik des Individuel­len und Kostümlichen mit der betonten Geste des Selbstbewußtseins ungezwungen zu vereinigen wußten, urteilt hundert Jahre später der bedeutende schlesische Kunsthistoriker Günther Grundmann.

Die Enthüllung des originalen Denkmals sollte ursprünglich am 25. September 1852 stattfinden, dem Tage, wo vor 50 Jahren der Reden-Ofen der Königshütte angeblasen worden war. Aber wegen einer in der Umgebung grassierenden Cholera-Epidemie fiel die Feier aus und konnte daher erst am 29. August 1853 im Beisein des preußischen Königs stattfinden.

Das Denkmal auf dem Redenberg, von dem eine hervorragende Fernsicht auf Königshütte und Chorzow sowie auf die Industrieanlagen bis nach Kattowitz und Beuthen genossen werden konnte, wurde in der Folgezeit zu einem beliebten Auflugsziel für die Bevölkerung im Revier. Vor allem das sogenannte „Wärterhaus“, das heute noch an seinem alten Platze steht, entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugslokal mit Ausschank.

„Polenfressender Preuße“

Die Abstimmungskämpfe zwischen 1919 bis 1921 überstanden das Standbild und der lichtgraue polierte Marmorsockel, die zusammen eine Höhe von 3,10 Metern ergaben, mit wenigen Kratzern. Obwohl es von Seiten der polnischen Zuzügler und Aufständischen immer wieder Bestrebungen gab, das Denkmal abzutragen, überstand es die Teilung Oberschlesiens. Erst als die Gewitterwolken des Krieges aufzogen, schlugen in den Morgenstunden des 18. Juli 1939 polnische Nationalisten dem Standbild den Kopf ab. Nur ein Jahr später wurde das Reden-Denkmal wieder neu errichtet, unter großem Pomp der Nationalsozialisten. Schließlich verschwand das Denkmal nach der Inbesitznahme Königshüttes durch die polnische Verwaltung 1945 endgültig.

Vor drei Jahren schlug die „Juliusz-Ligon-Gesellschaft der Liebhaber von Königshütte“ (Stowarzyszenie Milosnikow Chorzowa im. Juliusza Ligonia) dem Magistrat der Stadt vor, das Denkmal originalgetreu wiederherzustellen und dabei den größten Teil der notwendigen Finanzierung aufzubringen. Ein heftiger Streit entfachte dann im vergangenen Jahr, als sich der Stadtrat mehrheitlich darauf einigen konnte, den preußischen Grafen nicht am historischen Ort auf dem Redenberg aufzustellen, da diese Parkanlage inzwischen dicht bebaut ist und nicht mehr zu den Vorzeigestätten der Revierstadt zählt, sondern im Zentrum der Stadt. Vom Jünglingsverein über Ratsfraktionen bis hin zum „Weltverband des Bundes der Soldaten der Armia Krajowa“ hagelte es heftige Kritik. Für die SLD stünde das Denkmal als Symbol für deutsche Unterdrückung, der mächtige örtliche Kombattantenverband sähe in Reden den „polenfressenden Preußen“ (UO berichtete ausführlich, siehe die Ausgaben 7/01, S. 5 und 13/01, S.1). Bedenklich stimmte damals, daß Lokal- und Regionalzeitungen sogar bestürzende nationalistische Äußerungen ohne Bedenken zum Abdruck brachten, die teilweise sogar in erschreckenden Beleidungsorgien mündeten.

Feierlichkeiten am 6. September

Die Stadtverwaltung ließ sich auch mit Blick auf das Erscheinungsbild der Stadt im Ausland nicht beirren und hielt an ihrer Entscheidung fest. Dennoch konnte die ursprünglich zum 250. Geburtstag des Grafen Reden am 23. März diesen Jahres geplante Einweihung des Denkmals nicht durchgeführt werden. Diese Feier, über die noch nichts genaues zu erfahren ist, soll nun am 6. September am Plac Hutnikow, dem trockengelegten ehemaligen Hüttenteich, nahe des Rings stattfinden. Erwartet werden Vertreter der Stadtverwaltung und der Ratsfraktionen, sowie Vertreter aus Buchwald im Riesengebirge, dem Todesort Redens, und Tarnowitz sowie Angehörige der Familie Reden aus der Bundesrepublik.

Nach historischen Aufnahmen von Theodor Kalides Standbild wurde eine Nachbildung vom Tichauer Bildhauer August Dyrda in den vergangenen beiden Jahren nachmodelliert. Der Bronzeguß und die Ziselierung erfolgten bei einer Kunstgießerei in Posen.

Bedauerlicherweise ist auf eine originalgetreue Nachbildung des Denkmals verzichtet worden; die historische Widmung auf der Rückseite des Sockels „DEM BEGRÜNDER DES SCHLESISCHEN BERGBAUES / DIE DANKBAREN GRUBEN- UND HÜTTEN-GEWERKE / UND KNAPPSCHAFTEN SCHLESIENS. 1852“ wird durch eine ausschließlich polnischsprachige Texttafel ersetzt: „Milosnicy Miasta Chorzow / po zniszczeniach zrekonstruowali pomnik wielkiego czlowieka / tworcy przemyslu XVIII i XIX wieku na Slasku / oddajac tym czesc Fryderykowi Wilhelmowi Hrabiemu von Reden / Milosnicy Chorzowa - 6.9.2002 - Chorzow“ (Liebhaber der Stadt Königshütte / haben nach seiner Zerstörung dieses Denkmal rekonstruiert / Zu Ehren der Persönlichkeit und des Begründers der schlesischen Industrie im 18. und 19. Jahrhudnert). Unverständnis muß sich zeigen, daß der Namenszug des Oberbergrates an der Vorderseite des Sockels in polonisierter Form eingemeißelt wird: „Fryderyk Wilhelm Hrabia von Reden“.

Graf Reden, dem das Revier sein Dasein zu verdanken hat, erhält nun schon sein drittes Denkmal angedacht - hoffentlich ein letztes Mal.

(Weitere Berichte und Bilder vom neuen Denkmal in polnischer, oberschlesischer und deutscher Sprache u. a. von Peter Karl Sczepanek finden Sie auf der Internetseite www.slonsk.com)

Joachim Stebel (UO)


Wer war Graf Reden?

Friedrich Wilhelm von Reden wurde am 23. März 1752 in Hameln an der Weser geboren. Nach gründlicher Ausbildung im Bergfach und in der Juris­prudenz sowie der obligaten Bildungsreise nach Frankreich und England wurde Reden nach kurzer Tätigkeit in der Hannoveraner Kammer von seinem Onkel, dem preußischen Berg­bauminister Friedrich Anton Freiherr von Heynitz, in preußische Dienste berufen. 1779 wurde er zum Direktor des Schlesischen Ober­bergamtes in Breslau ernannt.

Reden schuf auf der Grundlage des traditions­reichen aber entwicklungsbedürftigen Bergbaus in Oberschlesien in 25 Jahren eine blühende Montanregion. Er sorgte für die Infrastruktur, indem er die Transportwege verbesserte, Was­serstraßen schuf, Bergarbeitersiedlungen bauen ließ, sich um die allgemeine Schulbildung und den bergmännischen Nachwuchs kümmerte­. Sein geologischer Spürsinn ließ ihn neue Lager­stätten finden, und seine naturwissenschaft­ichen und technischenKenntnisse erlaubten ihm, sie zu erschließen. Er führte technische Neuerungen ein, z.B. die Gewinnung von Stahl mit Hilfe von Koks (seit 1789) oder 1788 eine englische Dampfmaschine zur Wasserhaltung im ­Bergbau, die dann in Tarnowitz aufgebaut wurde.

1786 wurde Reden in Anerkennung seiner Verdienste um den schlesischen Bergbau in den Grafenstand erhoben. 1802 wurde er Nach­folger seines Onkels Friedrich Anton Freiherr von Heynitz als preußischer Bergbauminister und verwaltete dieses Amt bis zu seiner wenig ehrenhaften Entlassung 1807. Er zog sich auf sein Schloß und Mustergut Buchwald im Riesengebirge zurück, wo er am 3. Juli 1815 starb und in der Abtei im Park von Buchwald beigesetzt wurde.


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