© Unser Oberschlesien - www.slonsk.de  - 07/2001

  SLONSK

„Die Gesellschaft würde dann von einem Direktor des Schlesischen Institutes die Wahrheit erfahren...“

Ewald Pollok schreibt an Professor Wieslaw Lesiuk, Direktor des Instytut Slaski in Oppeln, einen Offenen Brief

Unser Oberschlesien 14/2001 Annaberg/Görlitz

 Ewald S. Pollok

Sehr geehrter Herr Prof. Lesiuk !

Mit großer Verwunderung und Überraschung las ich unter Überschrift „Es war kein Bürgerkrieg“ in der „Nowa Trybuna Opolska“ vom 17. Mai 2001 Ihr Interview zum Thema des Dritten Aufstandes in Schlesien, wo Sie behauptet haben:

„Wenn man die Ergebnisse des Plebiszits nicht manipuliert hätte, wäre es nicht zum Dritten Schlesischen Aufstand gekommen.“

Diese Aussage kam aus dem Munde des:

  • Direktors des Schlesischen Institutes in Oppeln, dessen Schuldigkeit es ist, sich mit der Geschichte zu befassen und den Stand der Wissenschaft zum Thema Schlesien zu verbreiten,

  • Geschichtsprofessors der Universität Oppeln, der verpflichtet ist, den Studenten die geschichtliche Wahrheit zu überliefern,

  • Mitglieds einer polnisch-deutschen Kommission für die Bearbeitung der Geschichte Schlesiens.

Die Leser wurden zum wiederholten Male betrogen, denn das, was Sie gesagt haben, ist eine gewöhnliche geschichtliche Unwahrheit.

Ich erläutere, weshalb:

Nach langen diplomatischen Bemühungen (nach dem Ende des I. Weltkriegs), die länger als sechs Monate andauerten, kam es zu Gesprächen, um eine Lösung zu finden, weil beide Seiten - Polen und Deutschland - Rechte auf Schlesien beanspruchten. Man bestimmte, ein Plebiszit durchzuführen, und die Teilnehmer sollten mit Hilfe von Plebiszitkarten beantworten, zu welchem der beiden Länder Schlesien nun gehören sollte. Man fragte nicht, wer welcher Nationalität ist.

Die Vertreter der polnischen Regierung haben an den Gesprächen in Paris teilgenommen und bei deren Abschluß die entsprechenden Plebiszitdokumente unterzeichnet.

Die Zeit der Plebiszitkampagne war für Oberschlesien eine Zeit des großen Leidens. Damals haben über 3.000 Personen auf beiden Seiten auf gewaltsame Art Abschied von ihrem Leben nehmen müssen. Während der Zeit von 13 Monaten beweinte man täglich sieben bis acht Personen. Die Zahl der Verletzten und Verkrüppelten war viel größer. Es ist verständlich, daß die Oberschlesier mit Sehnsucht auf den Tag der Wahl gewartet haben, denn von diesem erhofften sie das Ende des Terrors.

Man muß klar und deutlich sagen - die internationale Gemeinschaft, die durch die drei Länder Frankreich, England und Italien repräsentiert wurde, kontrollierte die Vorbereitungen und die Durchführung des Plebiszits.

Das Plebiszit wurde am 20. März 1921 durchgeführt.

Ich weiß nicht, durch welche Voraussetzungen Sie sich bei Ihrer Überlieferung der historischen Unwahrheit leiten ließen. Ich erlaube mir, Ihnen auf eventuelle Erklärungen und Hinweise auf die Stimmenabgabe der Schlesier zuvorzukommen, welche aus verschiedenen Gründen während des Plebiszits nicht auf dem Gebiet von Schlesien wohnten, aber an diesem teilnehmen konnten.

Diesen Punkt heben immer wieder die Polen hervor, die die Pariser Bestimmungen nicht kennen und behaupten, daß auf diese Art zu Ungunsten Polens gehandelt wurde. Man wiederholt Behauptungen, daß die Volksabstimmung im Zusammenhang mit der Ankunft von Emigranten an den Urnen verloren wurde. Hier sieht man die langjährige lügenhafte Propaganda von Professoren der Volksrepublik Polen und des Schlesischen Instituts in Oppeln. Dieses Problem kann ich in einem Satz erklären:

Die polnische Delegation auf der Konferenz in Paris unter dem Vorsitz von Romer stellte den Antrag für die Zulassung der Emigranten an der Abstimmung, d.h. Schlesier die außerhalb Schlesiens wohnten.

Man rechnete mit einen lebhafteren Widerhall polnischer Schlesier. Weil aber nur 10.120 Emigranten für Polen stimmten und 182.228 für Deutschland, mußte man die unbequeme Wahrheit verstecken und der Gesellschaft einreden, daß die Deutschen mit verschiedenen Tricks zur Stimmenabgabe der Schlesier, die nicht auf dem Gebiet Schlesiens wohnten, geführt haben. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich daran, daß auch aus Warschau ein Zug nach Hindenburg mit Wahlteilnehmern gekommen ist. Die ärztliche Betreuung während der Fahrt übte Frau Wanda Baraniecka-Szaynok aus, geboren in Rudenka bei Kijow in der Ukraine.

Polen verletzte die zuerst in Paris unterschriebenen Verträge, da bereits im Januar 1921 (zwei Monate vor dem Plebiszit) ein Stab designierter Militärs aus Warschau den schlesischen Aufstand vorbereitete.

Obwohl vor der Unterzeichnung der Dokumente in Paris die polnische Seite eigene Verbesserungsvorschläge in diese einbringen konnte, die auch angenommen wurden, erwies es sich, daß sie diese Dokumente verletzte.

Man hat den Aufstand ausgerufen und als Befehlshaber einen Nicht-Schlesier, den in Großpolen wohnenden Maciej Mielzynski, eingesetzt. Außer ihm nahmen teil und befahlen verschiedene aufständische Gruppen viele Militärs im Rang eines Hauptmanns, Generals und Majors des polnischen Militärs aus Großpolen, Kleinpolen, Lemberg und Warschau.

Wenn das Plebiszit zu Gunsten Polens ausgefallen wäre, hätte man den Aufstand natürlich nicht ausgerufen. Weshalb denn auch? Da aber das Ergebnis ungünstig für Polen war - 59,6% für Deutschland, und 40,4% für Polen, was in den entsprechenden amtlichen Bekanntmachungen nach Beendigung des Aufstandes und im polnischem Lexikon des Aufstandes, herausgegeben durch das Schlesische Institut in Oppeln, nachgelesen werden kann - entschied man sich, das Ergebnis zu ignorieren und mit Waffengewalt zu korrigieren.

Ausführlicher zum Thema Plebiszit schreibe ich in meinem Buch „Legenden, Manipulationen, Lügen...“, welches in der Bibliothek Ihres Instituts vorhanden ist. Ich stelle mich auch zur Disposition mit weiteren Erklärungen.

Ich überlege, ob man wirklich weiter die polnische Gesellschaft belügen muß. Die überwiegende Mehrheit der Schlesier kennt die Geschichte und betrachtet Ihre Erklärung als Verhöhnung der Wahrheit. Polnische Bürger, die nach Schlesien nach 1945 zugezogen sind, kennen die Geschichte des Landes nicht, da sie die ganze Zeit belogen wurden, unter anderem durch mehrere Oppelner Professoren. Man sollte die Zugewanderten bemitleiden, weil sie betrogen wurden.

Solch ein Betrug eigener Bürger führt dazu, daß die meisten Menschen daran glauben und teilnehmend an verschiedenen Veranstaltungen auf dem Annaberg zum Gedenken der Jahrestage des Aufstandes (wie am 3. Mai 2001) randalieren und Polen in einem sehr schlechten Licht auf dem europäischen Forum zeigen.

Ich werde mich freuen, wenn Sie, sehr geehrter Herr Professor Lesiuk, in der Presse Ihre mit der Wissenschaft nicht übereinstimmende Behauptung zurückziehen. Die Gesellschaft würde dann von einem Direktor des Schlesischen Institutes die Wahrheit erfahren.

Hochachtungsvoll

Ewald Stefan Pollok
11. Juli 2001


Anmerkung der Redaktion: Das Originalschreiben ist in polnischer Sprache verfaßt und kann im Internet unter http://www.slonsk.de/Slonsk/Aepo/ListOtwartz010711.htm nachgelesen werden.

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