Sehr
geehrter Herr Kijonka, |
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Unser Oberschlesien 9/2001 Annaberg/Görlitz |
Ewald S. Pollok |
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Seit 1995 wird in Kattowitz die Monatszeitschrift „Slask“ herausgegeben. Sie ist als Sammelbecken des intellektuellen und politischen polnischen Oberschlesiertums zu verstehen. Obwohl in der Zeitschrift „Slask“ Stereotype und einseitige Denkmuster über Oberschlesien und gegenüber den Deutschen wachgehalten werden, wird sie von der Woiwodschaft „Schlesien“ offiziell finanziert. Mehrere Ausgaben im Jahr finanziert auch die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Chefredakteur der Zeitung ist der Schriftsteller Tadeusz Kijonka, der den Leser in seinem allmonatlichen Editorial mit veralteten Sichtweisen aufklärt. Zu zwei seiner historischen Abhandlungen hat Ewald Stefan Pollok am 22. April in einem Brief Stellung bezogen. Er fordert Kijonka auf, zehn Jahre nach der politischen Wende endlich die historische Wahrheit über Oberschlesien anzunehmen. Pollok gehört zu den bekanntesten deutschen Oberschlesiern und hat sich durch seine Replik („Legendy. Manipulacje. Klamstwa...“) auf die Schriften von Professor Franciszek Marek einen Namen gemacht. Er wohnt als Publizist in der Nähe des Sankt Annaberges. Das Schreiben im polnischen Original kann auf www.slonsk.de nachgelesen werden.(nf) |
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Sehr geehrter Herr Kijonka! Mit Verlegenheit habe ich Ihre beiden Artikel zum Thema der Volksabstimmung in Oberschlesien im Jahre 1921 und der oberschlesischen Aufstände gelesen ("Przed Gora pojednania" in Ausgabe 8/2000 und "Ciszej - czy glosniej" in 3/2001). Zwölf Jahre ist es her, seitdem Polen den Weg der Demokratie eingeschlagen hat und nicht mehr abhängig ist vom „Großen Bruder“ hinter dem Bug. Auch die Presse ist nicht mehr gezwungen, das zu bringen, was der Wunsch dieses „Bruders“ und seiner ferngesteuerten Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei einmal war. Ihre Artikel haben mich aber wieder in die „glorreiche Zeit des polnischen Sozialismus“ versetzt. Ich denke, es sind Zeiten angebrochen, wo wir unsere Leser nicht mehr belügen sollten, ihnen nicht mehr einreden sollten, was nicht wahr ist. Sie aber tun dies immer noch. Ich kann verstehen, daß wir zum Teil unterschiedliche Ansichten zum Thema der oberschlesischen Aufstände haben. Das sollte Sie aber nicht von der Wahrheit abbringen. Eigene Ansichten sollten kein Hindernis sein, um die Geschichte wahrheitsgemäß zu schildern. Ich komme zum Wesentlichen. Am Anfang sollte klar und verständlich gesagt sein: Die Internationale Gemeinschaft, vertreten durch drei Staaten - Frankreich, Großbritannien und Italien, kam zu der Erkenntnis, das Schicksal Oberschlesiens in die Hände seiner Bevölkerung zu legen. Nach langwierigen diplomatischen Bemühungen und offenen Verhandlungen entschied man sich für eine Volksabstimmung. Es hieß: Die Teilnehmer sollen mittels Abstimungszettel Antwort auf die Frage geben, welchem der beiden Staaten (Deutschland oder Polen) Oberschlesien zugehören soll. Es wurde dabei nicht gefragt, welcher Nationalität der Abstimmende ist. Die Vorbereitungsgespräche, an denen auch Vertreter der polnischen Regierung teilnahmen, wurden in Paris geführt. Die Abschlußdokumente wurden auch von diesen polnischen Repräsentanten unterschrieben. Daraus darf man folgern, daß die internationalen Beschlüsse von Paris durch Polen akzeptiert worden waren Eines der immer wiederkehrenden Themen (Sie schreiben auch darüber) ist die Zulassung zur Abstimmung von jenen Oberschlesiern, die aus unterschiedlichen Gründen zur Zeit des Plebiszits in Oberschlesien nicht wohnhaft waren. Dieser Punkt wird seitens der Polen in Frage gestellt, indem sie behaupten, daß man auf diese Weise zum Nachteil Polens gehandelt habe. Wie auch bei Ihnen, kehren die Behauptungen immer wieder, Deutschland hätte die Abstimmung gewonnen, weil Emigranten zu den Urnen gegangen seien. Hier kommt abermals die lügenhafte langjährige Propaganda Volkspolens zum Vorschein. Diese Sache will ich mit einem Satz erklären: Die polnische Delegation auf der Pariser Konferenz unter der Leitung von Romer reichte einen Antrag ein, Emigranten, das heißt außerhalb des Abstimmungsgebietes wohnende Oberschlesier, zum Plebiszit zuzulassen. Man rechnete mit einem verstärkten Echo seitens polnisch gesinnter Schlesier. Weil aber aus dieser Gruppe nur 10.120 für Polen votierten, aber 180.000 für Deutschland, mußte man diese unbequeme Wahrheit vertuschen und dem Volk einreden, die Deutschen hätten mittels verschiedener Schliche die Emigranten zur entsprechenden Abstimmung bewogen. Bei dieser Gelegenheit will ich daran erinnern, daß auch aus Warschau nach Hindenburg (Zabrze) in Oberschlesien ein Zug mit Abstimmungsberechtigten kam. Die Ärztliche Betreuung in diesem Zug leitete Wanda Baraniecka-Szaynok, geboren in Rudenka bei Kiew. Wenn die Mehrheit der Stimmen an Polen gefallen wäre, ganz Polen wäre befriedigt. In jedem Fall sollte man die Wahrheit sagen und schreiben, und nicht so wie vor dem Zweitem Weltkrieg, als bekannte lügenhafte Artikel in den Zeitungen „Polska Zachodnia“ und „Powstaniec Slaski“ verbreitet wurden, und danach, als man es in den Zeiten des kommunistischen Volkspolen weiter tat. Aus diesem Grund kennt die heutige Bevölkerung Polens nicht die Wahrheit in dieser Angelegenheit. Sie schreiben: 47 % der abstimmungsberechtigten Oberschlesier stimmten für den Anschluß an Polen. Sind Sie nicht der Meinung, daß Sie damit die Leser belügen? Es ist bekannt: Für Polen gab es 479.365 Stimmen (40,4%), für Deutschland 707.393 (59,6%). Können Sie sich vorstellen, was die Leser von Ihnen und Ihrem historischen Wissen halten? Einige freuen sich sicher der Fälschungen wegen, aber die Mehrheit möchte die Wahrheit wissen, die sie von Ihnen leider nicht erwarten kann. Warum? Hier will ich vorbringen, was über die oberschlesischen Aufstände wirkliche polnische Kenner schreiben: „In der polnischen historischen Literatur werden die Abstimmungsergebnisse im allgemeinen unter Anwendung von Umrechnungsfaktoren angegeben, das ist nach Abzug von Stimmen der deutschen Zuzügler, die bewußt zu der Abstimmung nach Oberschlesien zurückkehrten, oder in Aufteilung der Stimmen, die in Städten oder auf dem Lande abgegeben wurden. Diese Art von Aufstellung verschleiert die zahlenmäßige Überlegenheit der für Deutschland abgegebene Stimmen“ (Maria Szmeja). Welche Befürwortung die Aufstände in der Bevölkerung erhielten, ist heute schwer abzuschätzen. In dieser Hinsicht ist sich die polnische historische Literatur nicht einig. Heute angegebene Zahlen der Aufstandsteilnehmer scheinen nicht mehr reell zu sein. Im lauf der Zeit haben wir es mit immer weniger Aufständischen zu tun. Vieles wird über Heldenmut und Hingabe für die „polnische Sache“ geschrieben. Sicher ist einiges vorgekommen. Aber man sollte das Anfeuern zum Kampf und die militärische Unterstützung durch Polen nicht vergessen. Ohne dem wäre die Entwicklung der Aufstände wohl fraglich gewesen oder wenigstens nicht abzuschätzen. Es ist auch annehmbar, daß das Bewußtsein über die damaligen Geschehnisse in der oberschlesischen Bevölkerung nicht besonders tiefgreifend war. Sie erwähnen deutsche Kampfgruppen und vergessen gleichzeitig die polnischen. Einfache Ehrlichkeit dem Gegner gegenüber sollte Sie dazu bewegen auch über die andere Seite zu schreiben, aber bitte nicht immer nur schlecht. In der Oppelner Vierteljahresschrift „Slask Opolski“ ist zu lesen: „Zur Propaganda der Abstimmungszeit gesellte sich mancher nackter Terror. Korfanty gründete Sturmabteilungen, die so genannte ‘Bojówka Polska’ (Polnische Kampftruppe), welche das Land durch Einschüchterung überzeugen wußte. Der Terror von Korfantys Schlägertruppen richtete sich gegen alles was deutsch war: gegen die nationalgesinnte Bevölkerung, gegen kulturelle, schulische und Verwaltungsinstitutionen, gegen Verkaufsläden, Fabriken und Wohnhäuser. Jedes Mittel, wie Drohungen, Mißhandlungen, Überfalle, Bombenanschläge, bis hin zum Mord, war gut genug, Im April 1920 brannten Polen das von Protestanten bewohnte Dorf Anhalt (Haldunow) im Kreis Pless nieder. Nur einige Tage später wurden zehn Deutsche in der Kolonie Josefstahl (Jozefówka) bei Radzionkau (Radzionków) ermordet. Korfanty schreckte auch davor nicht zurück, sich unbequeme Mitarbeiter aus den eigenen Reichen durch Mord zu entledigen, wie es zum Beispiel mit Theodor Kupka, einem eigenen Mitarbeiter vom Plebiszitkommissariat, geschah, der sich zuvor von ihm lossagte und ins Lager der Autonomisten übergetreten war. Der Mord an Kupka erregte damals großes aufsehen.“ Ich erwähne dies nicht nur, um darauf hinzuweisen, was Schlimmes von polnischer Seite geschehen war. Hier geht es um den Aufstand und die Wahrheit. Um Beweismaterial, welches jahrzehntelang in unzugänglichen Archiven verwahrt war. Die Wahrheit war bekanntlich vor der Wende ein Tabu. Das mußten die Publizisten in ihren Arbeiten einkalkulieren, andernfalls drohte ihnen Arbeitsplatzverlust und sehr oft sogar Freiheitsentzug. Aus diesem Grund kennt das polnische Volk nicht die ganze Wahrheit über die Aufstände. Eins ist sicher: Da, wo ein Bürgerkrieg ausbricht, und ein solcher waren die oberschlesischen Aufstände, sterben auch Unschuldige. Sie aber, Herr Kijonka, anstatt hier Aufklärung zu bringen, belügen die Leser. Die Zeit der Abstimmungskampagne war für Oberschlesien eine Zeit großen Leidens. Auf beiden Seiten verloren damals 3.000 Menschen auf gewaltsame Weise ihr Leben. In der Zeitspanne von 13 Monaten beweinte man täglich 7-8 Tote. Die Zahl der Verwundeten und Verstümmelten war um das Mehrfache höher. Daher war es verständlich, daß die Oberschlesier mit Sehnsucht den Tag der Abstimmung entgegensahen. Man versprach sich damit das Ende des Terrors. Es schien, das Problem sei mit der Abstimmung erledigt. Jetzt aber kam die böse Überraschung: Vor Abschluß des Pariser Abkommens hatte die polnische Delegation den schon erwähnten Änderungsvorschlag eingereicht, welcher auch angenommen wurde. Jetzt aber, plötzlich, nach der Abstimmungsniederlage, wurden die Vereinbarungen für nichtig erklärt, verletzt und es wurde zum Aufstand aufgerufen. Stellen Sie sich vor, ähnliches würde mit dem östlichen Nachbar Polens passieren, wobei die Ukraine alle internationalen Abkommen zunächst angenommen hätte und bald danach in Form von Grenzüberschreitungen mit mehreren Panzerzügen, Besetzung des Gebietes von Przemysl diese gebrochen hätte, ähnlich wie Polen im 3. Oberschlesischen Aufstand es getan hat, als die Reichsgrenze überschritten wurde. Wie würden jetzt die Polen reagieren? Selbstverständlich würde die Ukraine von internationalen Tribunalen angeklagt werden. Damals aber, als die Polen mit dem Überschreiten der deutsch-polnischen Grenze internationales Recht verletzten, wurde dies vom Großteil der gesamten Bevölkerung des damaligen polnischen Staates mit Genugtuung akzeptiert. Derselben Meinung sind die meisten Polen auch heute noch. Sollte das etwa so zu verstehen sein, daß Polen, dort wo internationales Recht gilt, einfach eigene Vorschriften und polnische Regeln bestimmt? Ist es denn möglich, daß die Polen ein auserwähltes Volk waren, welches alles Beliebige tun konnte, auch eben vereinbarte Beschlüsse nicht einhalten? Sollte man billigen, daß Polen die kurz zuvor in Paris angenommenen Vereinbarungen verletzte, indem bereits im Januar (zwei Monate vor der Abstimmung) von einem dazu bestimmten Stab Warschauer Militärs Vorbereitungen zum Aufstand aufgenommen wurden? In seinem Buch „Aus Heimat und Exil“ schreibt Herr Sporon: „...warum respektierte man nicht den Willen der oberschlesischen Bevölkerung, der sich im Ergebnis der Abstimmung widerspiegelte? Wäre das Plebiszit positiv für Polen ausgefallen, es würde sicher kein Aufruf zum Aufstand gekommen sein, warum auch. Da aber das Ergebnis für Polen ungünstig ausfiel, 60 % für den Verbleib bei Deutschland, entschied man sich alles zu boykottieren und zum Aufstand aufzurufen“. Erwähnenswert wäre noch, daß in den Tarnowitzer (Tarnowskie Góry) Bahnhof ein Panzerzug aus Polen einfuhr, der die Stadt unter Beschuß nehmen sollte, falls die deutschen Verteidiger sich nicht zurückziehen sollten. Zu dieser gewaltsamen Auseinandersetzung ist es aber glücklicherweise nicht gekommen, denn die deutsche Besatzung wollte lieber frei die Stadt verlassen, als sie der Zerstörung preiszugeben. Die polnischen Divisionen standen an der Grenze bei Tschenstochau (Czestochowa) und im polnischen Teil des Kohlenbeckens. Von dort kam die militärische Unterstützung: Kader und Ausrüstung. Über Maciej Mielzynski wurde bislang noch nicht alles geschrieben, und zwar deswegen nicht, um auf den Aufstand keine Schatten zu werfen. Korfanty enthob Mielzynski seines Postens als Oberbefehlshaber im 3. Aufstand, weil dieser nicht gewillt war, die Kämpfe über die Demarkationslinie auszuweiten (!?), welche von den drei Alliierten gezogen wurde. Hier sollte man noch hinzufügen, daß er in den Zeiten des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1939-1941 in Warschau und später bis zu seinem Tod 1944 in Wien bei seinem Freund, einem Wehrmachtsoffizier, wohnte. Es dürfte die Frage gestellt werden, ob all dies in Einklang mit seiner früheren Rolle als Aufstandsoberkommandierenden steht. Während Polen im Zweiten Weltkrieg blutetet, war er in aller Ruhe beim Feind in Kost! Gleichzeitig gibt es immer wieder Vorwürfe, daß an den Aufständen deutsche Freikorps teilgenommen haben. Solche gab es in der Tat. Diese Korps, es waren einige, erbrachten auf eigene Faust ihren Beitrag zur Regulierung der inneren Lage des revolutionierten Deutschlands und beteiligten sich an der Absicherung der Reichsgrenzen, ohne jegliche aggressive Absichten gegenüber allen Nachbarstaaten. Sie wurden von der Regierung nicht anerkannt und auch nicht unterhalten. Diesen Korps gehörten nur Deutsche an. Diese Deutschen, von denen auch ein Teil aus Oberschlesien kam, durften wohl ihr Land verteidigen, schließlich gehörte das Land zu Deutschland. Kann von strategischen Fähigkeiten der oberschlesischen Bevölkerung die Rede sein, wenn der im Januar 1921 delegierte Oberkommandierende der Aufständischen Einheiten, Maciej Mielzynski (Pseudonym „Nowina-Doliwa“), Oberstleutnant der Kavallerie im Polnischen Heer, aus Großpolen stammte? Korfanty entließ ihn am 22. April 1921. Seine Stelle nahm Kazimierz Zenkteller ein, Pseudonym „Warwas“, geboren in Wojnowice im Kreis Grodzisk Wielkopolski, also ebenfalls aus Großpolen kommend. Befehlshaber der Arbeitereinheiten der Gruppe „Süd“ war Oberstleutnant Stanislaw Baczynski, Offizier des Polnischen Heeres und geboren in Lemberg (Lwów). Die Abstimmung war für März 1921 angesetzt, er aber arbeitete bereits im Januar 1921 (!?) den Operationsplan des Aufstandes aus. Kommandant der Gruppe „Nord“ war der Befehlshaber im Großpolnischen Aufstand von 1918/19, Aloizy Nowak, großpolnischer Herkunft. Stabschef der Gruppe „Nord“ war Stanislaw Rostworowski, geboren in Krakau. Stabschef der Gruppe „Ost“ war der Oberleutnant Michal Grazynski, geboren in Gdow in Kleinpolen. Bronislaw Sikorski befehligte die Gruppe „Süd“; er stammte aus Großpolen und nahm dort am Großpolnischen Aufstand teil. Er gehörte dem Polnischen Herr an und war Inspektor der Infanterie. Wlodzimierz Abramowicz, geboren in Krakau, diente im Polnischen Heer als Kommandant eines Panzerzuges; nach Oberschlesien kam er mit zwei Panzerzügen (?!). Roman Abraham, General im Polnischen Heer, gebürtig aus Lemberg, wurde vom Generalstab des Polnischen Heeres nach Oberschlesien abkommandiert. Henryk Krukowski, geboren in Warschau, war Major im Polnischen Heer und nahm an allen drei oberschlesischen Aufständen teil. Im dritten Aufstand war er Befehlshaber der Zersetzungseinheiten der Gruppe „Nord“. Leonard Krukowski aus Barcin bei Szubin, südlich von Bromberg (Bydgoszcz) gelegen, war Befehlshaber im Großpolnischen Aufstand, Major im Polnischen Heer und Bataillonskommandeur im oberschlesischen Aufstand. Adam Benisz, geboren in Neusandez (Nowy Sacz), kämpfte in der Polnischen Legion, lieferte Waffen nach Oberschlesien und war Garnisonskommandant von Kandrzin (Kedzierzyn). Zu den führenden Kräften gehörten auch Krzysztof Konwerski, aus dem Posener Gebiet kommend, Hauptmann im Polnischen Heer; nach Oberschlesien kam er im Dezember 1920 und war Befehlshaber der Gruppe „Harden“. Feliks Ankerstein, geboren in Piaski bei Bedzin, gehörte der Polnischen Legion an und ab 1918 dem Polnischem Heer. Er bereitete die militärischen Aufstandspläne für den Kreis Tarnowitz (Tarnowskie Góry) vor und befehligte die Teilgruppe „Butryn“. Pawel Wicenty Chrobok, geboren in Myslowitz, war Oberst der Infanterie im Polnischen Heer. Rudolf Niemczyk aus Sosnowitz (Sosnowiec) war Kommandeur des Kattowitzer Regimentes. Fransiczek Rataj, geboren in Posen, Oberstleutnant im Polnischen Heer, war Befehlshaber im Dritten Oberschlesischen Aufstand und zuvor bereits beim Großpolnischen Aufstand tätig; er war Kommandeur des Plesser Regimentes. Michal Zymierski, geboren in Krakau, Generalstabsoffizier im Polnischen Heer, designierter Chef der Expositur der Abteilung des Oberkommandos des polnischen Heeres in Sosnowitz (Sosnowiec), war der eigentliche Befehlshaber des Ersten Oberschlesischen Aufstandes und Organisator der militärischen Unterstützung aus Polen. Im Mai 1945 wurde er zum Marschall von Polen ernannt. Ich könnte noch viele Personen nennen, die damals aus Polen nach Oberschlesien abkommandiert wurden. Erwähnt werden sollte noch, daß man außer Freiwilligen noch viele Männer einberief, wie zu eine regulären Armee. Besonders geschah dies in den Landkreisen Tarnowitz (Tarnowskie Góry) und Tost-Gleiwitz (Gliwice). Man erhielt eine Einberufung für den Aufstand und mußte sich melden. Um nicht zum Bruderkampf gezwungen zu werden, versteckten sich damals viele z. B. in Scheunen. Die Einrichtung eines Aufständischen Feldgerichtes, welches Urteilte wegen Diebstahls, Plünderungen, Raubüberfälle, Vergewaltigungen und Mord verhängte, spricht für sich und deutet darauf hin, daß nicht alle Aufständischen zu den Einwandfreien gehörten. Nach den Kämpfen bediente man sich in Polen aber idealistischer Mythen. Im Januar 1966 wurde ein Aufständischer in der Presse mit folgenden Worten zitiert: „Das Neue Polen beanspruchte ständig neue Forderungen, besonders territoriale. Bemerkbar wurde etwas, was es früher nicht gab. Es war der Haß zwischen Polen und Deutschen. Nachbarn wurden plötzlich zu ärgsten Feinden. Dieser Haß, der etwas später eine tragische Ernte haben sollte, tauchte sogar in Familien auf. Plötzlich ergab es sich, daß der eine Bruder polnisch gesinnt war und der andere auf deutscher Seite stand.“ Sollte man weiterhin überhaupt von Oberschlesischen Aufständen sprechen oder gleich sagen, daß es von Seiten des polnischen Staates vorbereitete Aufstände waren? Bei Ihnen, Herr Kijonka, lese ich, daß sich Schlesien ab 1348 außerhalb Polens befand. Das sind wohl neue historische Entdeckungen? Jedermann weiß, daß die Loslösung Schlesiens von Polen im Jahre 1335 vollzogen und im Jahre 1339 besiegelt wurde. Soll man historische Daten ändern? Ich glaube, nicht. Sie schreiben: In Birawa kam es jüngst zu einer empörenden Initiative, nämlich die Benutzung deutscher Ortsnamen. Machen Sie sich im voraus keine Sorgen. Beim Beitritt Polens zur Europäischen Union werden die Ortsnamen in Schlesien dort geändert, wo es historisch dokumentiert ist und wo eine Minderheit lebt. Sicherlich haben Sie schon polnische Ortsnamen in Tschechien gesehen und sich vielleicht deswegen ein wenig gefreut, weil „hier auch ein Teil Polens ist“. Ähnliches habe ich in Belgien, Italien, auf den Aländ-Inseln, in Deutschland und sogar in der Bretagne gesehen. Das ist heute in der zivilisierten Welt normal. Warum sollte es auch nicht in Schlesien so sein? Sie schreiben einerseits von „historischer Untertreibung im polnischem Fernsehen zum Thema der Aufstände“, andererseits aber übertreiben Sie in derselben Sache. Ihre Sichtweise auf die Aufstände ist polonozentrisch. Sie fördern alte Unwahrheiten aus der kommunistischen Zeit. Sie haben aus den letzten Jahren der Demokratie in Polen nichts gelernt. Es ist höchste Zeit den Lesern die Wahrheit zu servieren. Ihre Anschauungen müssen Sie nicht ändern, aber die Wahrheit sollten Sie schon schreiben. Die Leser werden es zu schätzen wissen. Es würde mich freuen, wenn Sie meinen Brief in der Zeitschrift „Slask“ abdrucken ließen, aber mir scheint es, daß meine Erwartung vergeblich ist, da Sie wohl lieber die Wahrheit der Bevölkerung vorenthalten möchten. Es ist so einfach, die Leser zu betrügen. Hochachtungsvoll Ewald S. Pollok Unser
Oberschlesien,
Redaktion: sheute@poczta.onet.pl die Übersetzung: Ernst Lasar |