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10-11/2001 | |||||||
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„Heimat Oberschlesien“ Guten Abend, meine Damen und Herren!Ich danke Ihnen dafür , daß Sie es auf sich nahmen, durch Ihr Erscheinen heute Abend in diesem Saale meine Zuhörerschaft zu sein. Angesichts dessen, daß viele von Ihnen mehr Vorträge gehalten haben als ich gehört habe, bitte ich Sie herzlichst um Nachsicht; ich lasse in meiner Lesung eine ganze Reihe von Punkten unangesprochen, so, daß es dadurch auf jeden Fall für eine rege anschließende Disskussion gesorgt ist. Sehr verehrte Herrschaften, Um es vorweg zu nehmen: Erwarten Sie keinen trockenen, wissenschaftlichen Bericht - ich verdiene meinen Lebensunterhalt als Pförtner und bin Überzeugungstäter, kein Wissenschaftler. Allerdings kann ich mir sehr gut vorstellen, daß für viele von Ihnen, die von Jugend auf gewohnt sind, emotionslos und vernunftsmäßig an einem Studienobjekt zu arbeiten, so ein durch das Herz diktierter Vortrag durchaus interessant sein kann. In meiner vorliegenden Arbeit meine ich unter dem Begriff „Oberschlesien“ die ehemaligen Fürstentümer Münsterberg, Oppeln, Ratibor und die Standesherrschaften Pleß und Beuthen . Es liegt seit 1945 in den, inzwischen auch völkerrechtlich anerkannten, Grenzen des polnischen Staates und ist gegenwärtig unter den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien mit der Hauptstadt Kattowitz aufgeteilt.(Karte) Schon seit 1870 etwa fing man an, den Begriff „Oberschlesien“ nur auf das oberschlesische Industriegebiet zu reduzieren und übersah vielerorts die Tatsache, daß es im Wesentlichen - und das bis zum heutigen Tage- aus Wald und, vor allem sandiger, Flur besteht. Vor seiner Teilung im Jahre 1922 betrug seine Fläche 13238 km2. Einige Sätze höher sagte ich: „...denn OS ist auch meine Heimat.“ Wessen Heimat denn noch ist OS? In einem meiner unveröffentlichten, denn noch gar nicht fertigen Artikel, der den barocken Titel „Über den Umgang mit den polnischsprachigen Deutschen OS und worunter diese noch sonst zu leiden haben“ trägt, schreibe ich dazu:
Sieht man sich diese Aufstellung an, kommt man zu dem Schluß, daß sie durchaus reduzierbar ist. Und so können wir getrost die Gruppen 1.), 2.) und 3.) unter „Deutsche“ verbuchen, denn sie unterscheiden sich untereinander nicht in höherem Maße als das auch die Beyern oder Sachsen untereinander tun; die Gruppen 5.) und 7.) aus dem selben Grund unter „Polen“; die Gruppe 4.) ist seit Sumers Zeiten in den Grenzländern der Welt bekanntes Phänomen; die Gruppe 6.), und zwar die OS, die sich weder als „Deutsche“ noch als „Polen“, sondern als „Schlesier“ definieren und dabei die Volkszugehörigkeit meinen, wird hingegen als Kuriosum gehandelt, denn es gibt doch schon die Sorben und Friesen hierzulande, die Elsäßer in Frankreich, Kurden im Orient und man hört munkeln, daß beispielsweise die Nigerianer, auch wenn sie alle schwarz sind, sollen doch nicht einer einzigen Ethnie angehören. Als ich soeben den Titel meines unveröffentlichten Artikels nannte, fiel aber auch, in seiner zitierten Passage nicht mehr vorgekommenes, Reizwort: „Die polnischsprachigen Deutschen Oberschlesiens“. Die Oberschlesier polnischer Zunge und eindeutig deutschen Nationalbewußtseins. Sowas gibt es, meine Damen und Herren. Einer ihrer Vertreter, getreu dem Wort von der Zeugnisabgabe, sitzt hier vor Ihnen. Wir sind die Leute, bei denen zwar das Bewußtsein, aber nicht die Zunge, germanisiert wurde. Im weiteren Verlauf meines Vortrags werden wir noch eingehender auf diese Gruppe zu sprechen kommen, denn, zum Ersten, ist sie beteutend was ihre Zahl anbetrifft, zum Zweiten, ist sie mein Steckenpferd, zum Dritten, ein Tabu, auch für die Betroffenen selbst, und brechen von Tabus bereitet mir Freude, zumal es in einer Demokratie weder das Leben noch die Freiheit kostet, und zum Letzten, je wunderlicher eine Erscheinung , desto wortreicher die Erklärung zu ihrem Verständnis - falls dieses überhaupt möglich. Und im obigen Falle ist es möglich. Wie Sie sehen, fing ich mit meiner heutigen Rede nicht bei Adam und Eva an und auch nicht bei der Hallstattkultur, weder mit den Hunnen noch mit den Silingern-ggbf. den Burgundern-langweilte, ja, nicht mal, dem Bayerischen Geographen gleich, die Opolinen erwähnte, die im 9Jhr. In meiner Heimat siedelten; desweiteren mich nicht an den polnischen Piastenkönigen festbiß, gar den Mongolensturm des Jahres 1241 wegließ, und weder die zwei Jahrhunderte der böhmischen noch annähernd ebensoviele Jahre der österreichischen Lehenshochheit über OS versetzten mich in Affekt ; ich fing im „Heute“, in der Gegenwart an. Da jedoch in jedem „Heute“ das „Gestern“ mitschwingt, will ich bis zum Jahre 1742 zurückgehen, als Oberschlesien-bis auf die Herzogtümer Troppau-Jägerndorf und Teschen(Karte)-nebst Niederschlesien vom Friedrich dem II, seit seinem Sieg in der Schlacht bei Roßbach 1757 der „große Fritz“ genannt, woraus „Friedrich der Große“ wurde, gewaltsam dem preußischen Königreiche einverleibt ward und dadurch sich an die 130 Jahre später als Bestandteil des Bismarckschen Reiches wiederfand. Über die Lage der oberschlesischen Bevölkerung zur Anfangszeit der preußischen Herrschaft schrieb ich neulich in einem meiner in Wasserpolnisch verfassten kabaretistischen Texte wie folgt: „Bei den Habsburgern war es, wie es war; aber jetzt ging für uns ein für allemal die Zeit der runden Ecken zu Ende, rechts ward plötzlich immer rechts, links immer links, und daß es so blieb, dafür sorgten allerlei Beamte, von denen früher alle Jahre mal einer zu sehen war und jetzt für alles und jedes einer- wenn nicht mehrere-eingesetzt wurde.“ Bevor ich zu maßgeblichereren, weil zeitgenössischen Zitaten übergehe, möchte ich folgendes erörtern: Wer waren „wir“, die ich im obigen Zitat auf Grund der grammatikalischen Regeln mit „uns“ meinte, wer war die oberschlesische Bevölkerung jener Zeit im 18-ten Jahrhundert? Sie war, dank dem „Seligmacher“ Karl Hannibal von Dohna seit langem wieder katholisch, welcher Umstand dem Alten Fritz überhaupt nicht paßte, wies unwarscheinlich tiefen Stand der Kultur auf, was den König weniger störte, und sprach Wasserpolnisch, was ihn gänzlich ungerührt ließ. Für die weitere geschichtliche Entwicklung war es aber von erheblicher Bedeutung. Lange vor dem mittelbaren Eingang in das Hl. Röm. Reich mit dem Vertrag von Trentschin 1335 war OS, darin weiten Gebieten Mittel-und Osteuropas gleichend, von der mittelalterlichen deutschen Ostkolonisation betroffen. Während jedoch u.a. im Sudetenland, Pommern, Nordostpreußen, Niederschlesien noch im Mittelalter weite Landstriche vollständig germanisiert wurden, stand sogar in den im III Reich gebräuchlichen Sprachatlanten „Wasserpolnisch“ als das vorherrschende Idiom inOS. Freilich war schon im 18-ten Jhr. sowohl der oberschlesische Adel als auch weite Teile des städtischen Bürgertums, ungeachtet dessen, ob germanischer oder slavischer Wurzel, deutsch. Die Masse der Bevölkerung jedoch waren Nachkommen der hier von dem 6Jhr. an eingewanderten Slaven und, selbst wohl ohne solche Bürde wie Nationalbewußtsein, galten aufgrund ihrer Sprache, eines altertümlichen Polnisch, den Deutschen als Polen. Ein Breslauer Beamte, Namens Friedrich Zimmermann, schreibt unter dem Titel „Beyträge zur Beschreibung von Schlesien“ wie folgt: „Sie (die Oberschlesier,A. B.-B.) lieben den Branntwein und sind faul“, „Der Charakter des gemeinen Mannes ist wegen vernachläßigter Erziehung unbearbeitet“. Er würde Gesetze, Einschränkungen und Pflichten nur schlecht und mit Zwang befolgen, „wodurch die sclavische Gemütsart immer wieder fortgepflanzt wird...Der gemeine Mann auf den Dörfern hat eine große Neigung zum liederlichen Leben, vorzüglich zum Fressen und Saufen, und ist wiederspenstig.“ Und in einer Studie über das Landvolk im Kreise Rosenberg: „Die Faulheit ist zwar bei den oberschlesischen Bauern allgemein; indessen zeichnet sich doch der Hiesige dadurch aus, weil er weder durch Wohltaten noch Drohungen, sondern bloß durch den Stock zum Fleiße zu bringen ist. (3.)“ Ja, meine Damen und Herren, nicht alle können Nachkomen des Zeus und der Alkmene sein, oder auch nur der edlen, der Sache der Freiheit herzlichst ergebenen Sklavenhalter Nordamerikas. Übrigens: Wer diese elenden, verantwortungslosen Kreaturen Oberschlesiens des 18-ten Jahrhunderts ernährte, darüber schwieg sich der Breslauer Beamte Zimmermann aus. Der Volkstumsforscher A. Kosler sieht mehr: „Das Volk hatte in jahrhundertelanger Gewohnheit allmählich ein gedemütigtes und kriechendes Wesen angenommen, das auf Menschen kultivierterer Gegenden einen so widerwärtigen, sklavischen Eindruck machte. Die guten geistigen Anlagen des Polnisch sprechenden Oberschlesiers, sein leichtes Fassungsvermögen, seine Gewandtheit und Beweglichkeit im Denken, seine Anstelligkeit und körperliche Geschicklichkeit bleiben sowohl durch die soziale Lage als auch durch den Mangel an Schulen unausgebildet. (4.)“ Erst zu Anfang des 19- ten Jahrhunderts nahm sich der preußische Staat konsequent der Bildung des „unglückseligen Teiles des Volkes, welches unter dem Namen der Polen dem Staat wirklich entfremdet ist“( Zitat: Regierungsrat Benda, Oppeln) an. In der Zeit zwischen 1848-1858, unter der Leitung des Schul- und Regierungsrats für das Reg. Bez. Oppeln, Bernhard Bogedain, wurde der deutsche Sprachunterricht stark eingeschränkt und der polnische dagegen ausgeweitet, womit sich die Preußen eine Schlange auf der eigenen Brust züchteten, denn es blieb sicherlich nicht ohne Einfluß auf die ein wenig später einsetzende Bildung des polnischen Nationalbewußtseins unter einem beträchtlichen Teil der Oberschlesier. Im Jahre 1847 jedoch, auf die Behauptung eines Westfalen im Vereinigten Landtage hin, daß in OS die polnische Nationalität vorherrsche, antwortete der oberschlesische Abgeordnete Wodiczka: „Die benachbarten Polen sehen uns nicht als ihre Brüder an. Wir Oberschlesier wollen nur als deutsche Brüder angesehen und behandelt werden“. Viele von uns wollen das heute noch. Warum? In meinem, in der landsmannschaftlichen Zeitung „Unser Oberschlesien“ im Februar 1999 gedruckten Artikel „Über die polnischsprachigen Deutschen Oberschlesiens“ schreibe ich: „Bevor wir in der Schule die polnischen Epen in die Hände bekamen, hatten uns schon Eichendorff, Busch und die Grimms ihre Stigmata aufgedrückt. Sowohl in der familiären als auch in der nationalen Tradition hatten wir andere Kodierung als der zugezogene Bevölkerungsanteil und dessen Kinder. Sie waren vom Kreuz der Tapferen determiniert, wir - und das seit den Befreiungskriegen - vom Eisernen Kreuz. Unsere Vorfahren ritten nun mal nicht mit Leutnant Skrzetuski auf Ukraines Wilden Feldern gegen Kosaken und Tataren, sondern mit Blücher bei Leipzig und Waterloo gegen Napoleon. Sie hatten Anteil an dem erhabenen Ereignis im Versailles Spiegelsaal 1871 und nicht an der Proklamation der ersten geschriebenen Verfassung Europas in Warschau 1791“. Und, um es nicht unausgesprochen zu lassen, so weh es auch tut: In Auschwitz standen wir vor - sie hinter dem Höllentor. Kehren wir in das 19-te Jhr. zurück. In seiner zweiten Hälfte kommt es endgültig zu Herausbildung von Nationalbewußtsein unter den Oberschlesiern der unteren sozialen Schichten wie auch des Bauernstandes, das vom zaghaften bis zu 150% Polen-bzw. Deutschtum reichte. Wenn auch das polnische Kulturleben in OS der Jahrhundertwende sehr rege war, schien ein Bruderkampf doch ausgeschlossen; nicht so nach dem ersten Weltkrieg. Der wiedererstandene polnische Staat brauchte, um überhaupt auf einem hinnehmbaren Niveau existenzfähig zu bleiben, Kohle und Industrie. Diese schickten ihm die Himmel in Oberschlesien, wo Korfanty und seine Gesinnungsgenossen vorzügliche Vorarbeit leisteten, indem sie weite Teile der oberschlesischen Bevölkerung, wider deren lebenswichtige Interessen, die in der Zugehörigkeit zum Deutschen Reich lagen, verführten indem sie ihnen den polnischen Staat als den Garten Eden und das Gelobte Land in einem zu präsentieren wußten. Dies war nicht zuletzt dank der deutschen Hoffahrt möglich, mit der die ethnischen Deutschen den Oberschlesier vielerorts traktierten. Dieser Überlegenheitstick, sei es als traditioneller Schowinismus, sei es als multikulturell verbrämte Fortschrittlichkeit getarnt, wird dem polnischsprachigen Deutschen Oberschlesiens gegenüber auch heute noch häufig entgegengebracht. So kam es am 20.März 1921 zum Plebiszit. Die Polen verloren. Zur weiteren Entwicklung in dieser Angelegenheit schreibt Herr Piotr Badura, Herausgeber der Regionalzeitschrift „Beczka“ (Faß, Fäßchen) und seines Zeichens „ein Schlesier polnischen Geistes“, wie folgt: „Die Oberschlesier stimmten in der Volksabstimmung für Deutschland ab. Polen war außerstande, diesen demokratisch zum Ausdruck gebrachten Volkswillen anzuerkennen. Es fand, daß, wenn ihm schon die Demokratie abhold war, muß es zur Gewalt greifen. In meiner Eigenschaft als Pole schäme ich mich Heute für solche Vorgehensweise der Meinen“. Menschen, die zu solch selbstkritischem Blick fähig sind, wiegen mehr als mehrere Regimenter Ulanen, meine Damen und Herren. Leider wird es in Polen immer noch nicht begriffen. An dessen statt wird das Wort von den Manipulatoren, Mythenerzählern und gemeinen Lügnern - wenn auch oft mit Professorentitel-mit einer Kaltschnäuzigkeit sondergleichen geführt. Auch die Staatsführer, wie zuletzt der polnische Premierminister Buzek in seiner Rede auf dem Annaberg aus Anlaß des 80-ten Jahrestages der Volksabstimmung in OS, verfallen in diesen Ton. Derweil kam es in OS zum III Aufstand. Angezetelt wurde es eindeutig von polnischen Strategen, denn, wie ich in meinem schon gleich zu Anfang dieses Vortrages zitierten Artikel schreibe, „in OS wimmelte es zwar von Eisernes-Kreuz- Trägern, jedoch um eine Rebellion anzuzetteln ist mehr als erwiesener Mut vor dem Feinde nötig, und die wenigsten unter den oberschlesischen Aufständischen haben in dem kaiserlichen Heer weiter als zum Obergefreiten gebracht“. Am Ende des Ringens um Oberschlesien nach dem I Weltkrieg stand dessen Teilung(Karte).Die meisten Aufständischen fanden sich in der II Polnischen Republik wieder. Diese dachte aber nicht daran, ihre riesigen Versprechen ihnen gegenüber einzulösen. Die Aufstandsveteranen erkannten den Trug. Nach einem Artikel Prof. Marian Orzechowskis in „Gazeta Wyborcza“ vom 2 und 3 Mai 2001, hätte Polen die Volksabstimmung schändlich verloren, hätte es sie einige Jahre später wiederholt. Dieses sture Pochen mancher Leute, im vorliegenden Falle meinerseits, auf die Entmythologisierung der ofiziellen Geschichtsschreibung über Oberschlesien im Allgemeinen und über die oberschlesischen „Aufstände“ im Besonderen, das sowohl von den Polen als auch- leider- vielerorts von den Deutschen hysterischerweise als „Revanchismus“ verschrien wird, ist nichts anderes als ein Ruf des arg Bedrängten nach einer Art Genugtuung, die ihm zusteht, egal, welchen Ehrenkodex wir der Sache auch zugrunde legen mögen. Die desillusionierten Aufständischen nebst ihrer Nachkommenschaft verstärkten die Reihen der immer noch meist polnisch dacherredenden Deutschen Oberschlesiens. Die letzte- die Nachkommenschaft der Insurgenten also- fehlt fast gänzlich bei den zu Ehren der Aufständischen seitens der offiziellen polnischen Stellen auf dem Annaberg veranstalteten Manifestationen; dies merken die Polen-bis auf die Baduras- aber nicht, denn sie erzählen ihre Geschichten, wie jedes andere Volk auch, für keinen anderen außer für sich selbst. Der nächste Schock, den die Geschichte für die Oberschlesier bereit hielt war der II Weltkrieg, und, als dessen Konsequenz, der Wechsel der Staatlichkeit. Vorrangig aufgrund ihrer polnischen Sprachkenntnisse wurden sie nicht aus der Heimat vertrieben. Zur Annahme der polnischen Staatsbürgerschaft allerdings wurden sie durch gänzlich andere Gründe als ihr angeblich, ach so glühendes, Polentum bewogen. Bis dato jedoch war bei ihnen, wenn auch teilweise seit einigen Generationen, doch nur das Bewußtsein, nicht aber die Zunge, germanisiert. Es ist nun mal eine Tatsache, daß bis zum heutigen Tage eine große Anzahl der Deutschen Oberschlesiens germanisierte Slaven (5.) sind; dazu gehört auch fast jeder Angehörige der heutigen deutschen Minderheit daselbst, ihre Eliten nicht ausgeschlossen - und es ist gegenwärtig die größte Gruppe der deutschen Minderheit in der Republik Polen. Nun sind die Oberschlesier nicht die einzigen germanisierten Slaven, bzw. Polen. Wir kennen alle die Wischniewskis, Radziewskis, Lewandowskis und von Wrzysz - Rekowskis Nordrhein - Westfalens; einer der hervorragendsten deutschen Strategen, Feldmarschall von Manstein, hieß in Wirklichkeit von Lewinski, und eine ganze Reihe jetzt meist in Westdeutschland ansäßigen preußischen Adels trägt in ihren Wappen die „Na³êczka”, ein urpolnisches Wappensymbol. Bloß: Sie alle verloren auf dem Wege in das Deutschtum ihre Sprache; nicht so der Oberschlesier. Verpflichtet der problematischen Regel, daß Sprache die Nationalität bestimmt, können es ihm weder die Polen noch die Deutschen verzeihen. Als die Welt nach der Katastrophe des II Weltkrieges langsam wieder Schritt faßte, merkten die Oberschlesier, daß das Reich nicht wiederkommt, und machten sich, sobald es möglich wurde, erst zaghaft wie1956, verstärkt Ende der 70-er Jahre, und in den 80-ern zu Hunderttausenden, nach Westdeutschland, in die Bundesrepublik, auf. Hier erwartete sie der nächste Schock, der Kulturschock, wobei ich nicht zu sagen vermag, was schwerer wog: Die mangelnden Kenntnisse der deutschen Sprache oder die grundverschiedene Mentalität des westdeutschen Teilvolkes. Am schmerzlichsten aber wog dessen Ignoranz: Wohlmeinend, mit Anerkennung in der Stimme, traktierten die Westdeutschen den s.g. „Spätaussiedler“, den keiner ausgesiedelt hatte, im Gegenteil, der froh war, Polen verlassen zu können, mit Sprüchen wie: „Euer Wa³êsa”, „Euer Papst“; aber auch, sobald der nicht ausgesiedelte Aussiedler Stellung zu den Angelegenheiten der Bundesrepublik bezog, mit unüberhörbar ablehnendem: „Sieht Euch Eure Zustände an!“ Es war bitter für einen, der sich teilweise sein ganzes Leben lang mit dem westdeutschen Staat identifizierte und der sowohl den Arbeiterführer Wa³êsa als auch den Johannes Paul II nicht für seine Landsleute, sondern für Angehörige eines Volkes ansah, das in seiner subjektiven Überzeugung sich unrechtmäßig seiner Heimat bemächtigte. Inzwischen werden Sie wohl gemerkt haben, Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, das Oberschlesien keine leichte Heimat ist. Durch die slavische Komponente, die sich vor allem in seiner Sprache äußert, ist das Deutschtum des Oberschlesiers freilich viel reicher als das des Ostwestfalen, z. B., bloß: Wer liebt schon reiche Leute? Was macht man angesichts solcher Lage? Da es sehr einfach ist, anderen Leuten Ratschläge zu erteilen, so möchte ich das auch hier und heute tun; allerdings beschränke ich mich darauf, diese nur an die Meinen zu richten. In Anlehnung an die Worte meines heute schon öfters zitierten Artikels rufe ich ihnen zu: „Verwindet endlich, o Oberschlesier, wie es Eure Altvorderen, um die Völkerverständigung hochverdienten Hupka und Czaja, beide Träger des schönen Vornamens „Herbert“ taten, die Tatsache, daß Eure Vorfahren nicht leiblich unter den im Kyffhäuser schlummernden Rittern zu finden sind und entfaltet breit Eure Flügel!“ Meinen Vortrag möchte ich unüblicherweise mit einem Gedicht beenden, den ich für meine Landsleute, wie Sienkiewicz sagt: „Zur Erbauung der Herzen“ und zur ewigen Ehre meiner Heimat geschrieben habe. Ich spiele darin auf die Worte unserer deutschen Heimatlieder, auf alte Sagen, auf zeitgenössische Berichte wie auch Goethes Distichen für die Knappschaft zu Tarnowitz an:
Danke schön für’s Zuhören. Alfred Bartylla - Blanke 1.) „Wasserpolnisch“ hat nichts mit „Verwässerung“ zu tun, sondern mit der Sprache der Polnischsprachigen, die auf dem Wasser (womit die Oder gemeint ist) und nicht auf Landwegen nach Breslau kamen.( Nach „Oberschlesische Schriftenreihe“) 2.) Polnisch: „Sl±zacy”, was eigentlich „Schlesier“ heißt. Hierzu muß deswegen angemerkt werden, daß im Polnischen die Begriffe „Schlesien“ = „Sl±sk“ und „Oberschlesien“ = „Górny Sl±sk“ identisch sind. Wenn ein Pole „Schlesien“(Sl±sk) sagt, meint er fast immer Oberschlesien, seltener Gesamtschlesien; wenn er hingegen Niederschlesien meint unterschtreicht er das, indem er „Dolny Sl±sk“ = „Niederschlesien“ sagt. 3.) Zitiert aus zweiter Hand nach Bernhard Pluskwik in „Kronik des Dorfes Laskowitz“ 4.) Siehe 3.) 5.) In bezug auf die Oberschlesier benutze ich den Begriff „Slaven“ der geschichtlichen Korrektheit wegen. Es ist nun mal nicht so, daß sie je Polen gewesen sind, wie es die polnische Seite suggeriert. 6.) So wird Oberschlesien von den Oberschlesiern genannt. |
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